oder …

Ferien zuhause sind nicht langweilig

Fünf gerade sein zu lassen, spontan zu überlegen was der Tag mir bringen könnte, für mich selber herumpuzzeln, mir Ruhe zu gönnen ist schwieriger, als gedacht. Frau kann sich ein Hamsterrad auch selber bauen.
Viel einfacher funktionierte Anfang der Woche das Loslassen von Dingen, wie vom ausgedienten Staubsauger. Anfangs wollte ich ihn für Notfälle bzw. Ersatz behalten und packte alle Teile in den noch vorhandenen Karton. Auf der Suche nach einem ausreichend großem Regalplatz hob ich mir mit dem Schwergewicht beinahe die Hexe ins Kreuz, dass ich kurzerhand den Kofferraum öffnete und das Paket dort hinein plumpsen ließ. Nee, der Sauger muss weg! Verschenken fand ich keine gute, vor allem keine faire Option. Mit Zeug, das nichts taugt kann niemand Freude bringen, oder sich Freunde machen. Und tschüss …
Das. Tat. Gut!

Gut tat mir eine weitere Entscheidung. Für mein Auto stand der TÜV an und ich verzichtete auf einen Shuttle-Dienst von der Werkstatt zu mir nachhause. Der Weg zieht sich zwar durch die Bahntrasse, die das Industriegebiet von den Wohngebieten hier im Ort trennt, doch da mich kein Termin drängte, lief ich die Strecke. Zügig gelaufen wäre ich in 35 bis 40 Minuten zuhause gewesen. Es wurden eineinhalb Stunden. Ein Baumarkt und ein Gartencenter liegen auf dem Weg. Ok, es gibt auch eine alternative Route ohne diese potentiellen Geldgräber für meinereine, aber was soll’s. Ohne fahrbaren Untersatz mit Kofferraum blieb die Mitnahmekapazität eingeschränkt. Auf der Eisenbahnbrücke musste ich etwas verweilen und ein paar Zügen hinterherschauen, mein Fernweh hinterherschickend. Entlang des Bahndamms wurde mein Gang nicht zügiger. Zwischen all dem Müll wächst auf den Ruderalflächen (ich mag das Wort, hört sich schicker an als Schuttflächen) etliches zum neugierig Hinschauen und Trainieren meiner Artenkenntnis. Bei letzterem Begriff kommt aus einer der gedanklichen Schubladen eine Erinnerung an ein Zusatzstudium hervor, das ich zusammen mit einer befreundeten Kollegin vor Jahren machte. In einem Skript stand an jedem zweiten Absatz am Rand genau diese Bemerkung, dass wir irgendwann uns nur noch darüber lustig machten. Heute mache ich es freiwillig und mit Freude, Artenkenntnis trainieren meine ich natürlich! Neben vielen anderen bekannten Arten, fielen mir die blaublühenden Natternköpfe auf, Leimkräuter in verschiedenen Farben, Malven und dazwischen ein gelbblühendes Doldengewächs das ich erst einmal nicht benennen konnte, eine Pastinake. Ein Stückchen weiter verweilte ich länger, mich über mich selbst ärgernd, dass ich nicht wie üblich ein Schneidwerkzeug zur Hand hatte. Blühendes Schilf, direkt am Zaun zu einer anderen Brachfläche.

Wie verlockend. So schick erreichbar, ohne nasse Füße! Wolle mit Schilfblüten zu färben hatte ich noch nicht probiert und das Ergebnis könnte die Farbpalette für meinen Teppich erweitern. Also holte ich die Schere von zuhause und fuhr mit dem Rad noch einmal zur Ernte.

Auf das Fahrrad blieb ich die Woche angewiesen. Es kam, wie befürchtet, mein in die Jahre kommendes Auto fiel nach 21 Jahren das erste Mal durch den TÜV. Vorerst. Etwas zu viel Rost hatte genagt, dass geschweißt werden muss. Das Ergebnis meiner Augenkontrolle fiel dagegen erwartungsgemäß aus. (Auch) Schlecht. Der Zahn der Zeit hat auch hier genagt und mir ein Dioptrin gekostet. Mein Brillendepot muss runderneuert werden. Das wird ein teurer Monat! Stoßseufzer! Tja nun, ist halt so. Aber, HA :D, zum Glück hatte ich mir schon vorher einen kleinen Wunsch erfüllt 😉 nach dem Motto „Tu dir was Gutes, solange du dich noch hast!“ Bei den nun zu erwartenden Ausgaben hätte ich wieder herumgeknausert und verzichtet. Ein anderes Mal mehr darüber.

Aber noch einmal von vorne, zum Aufräumen und Loslassen. Zum vergangenen Wochenende hatte sich überraschend Besuch angemeldet und damit er bleiben konnte musste ich Platz machen, und zwar zügig! Entspannung musste warten und das Büro-Gästezimmer auf Vordermann gebracht werden. Die Entscheidung es gleich richtig zu machen und die Stapel nicht nur umzuverlagern – davon hatte ich durch die vergangenen Wochen genug – hatte einen großen Vorteil. Als ich zum Abschied winkte konnte ich beinahe direkt das Ferienprogramm beginnen, die Wollwerkstatt eröffnen.

Vorteile brachte dann unerwarteterweise die leere Garage. Sie bot ausreichend Platz, im Trockenen, einen Überblick über das vorhandene Material zu erhalten. Bevor ich mit dem Färben beginnen konnte war einiges zu tun. Kämmen, kardieren, spinnen, Stränge wickeln, beizen, und alles ohne Druck, in Muße. Herrlich! Überraschungen inklusive.

Die Wolle des Herdwickschafs meiner Schäferin zeigte auch beim Haspeln, was unter Stichelhaar zu verstehen ist!

Die größte Überraschung erlebte ich beim Färben. Ich hatte mir von den Färbungen mit Schilf ein rötliches Ergebnis erwartet.

Heraus kam ein Gelbgrün, auch nicht schlecht. In die restliche Küpe hing ich noch ein, zwei Stränge mit knubbeligen Garn in Fehlfärbungen von einem ursprünglich schmutzigblauen, hellen Blauton hinein.

Schilfblüte, erste Färbung (noch ungespült) mit Alaun vorgebeizt

Freude macht mir zudem, dass meine Arbeitsergebnisse zum Wochenende an dem Trockenregal hängen, das ich Anfang der Woche endlich montieren konnte. Ein halbes Jahr hatte es in einer Ecke vor sich hin mariniert. Mein Dank gilt Sohnemann und Kollegen C., denn in diese Decken zu bohren ist nicht immer erfolgreich.

Zum Wochenschluss warte ich immer noch auf mein Auto und hoffe doch sehr es nächste Woche wieder zu haben. Mir wird zwar auch ohne Vehikel nicht langweilig, aber die Gewissheit schnell mal weg zu können beruhigt doch ungemein.

Zum Glück nahm ich mir heute meine Erledigungen und Wege frühmorgens vor, als die Sonne noch schien.

Balkonien und die Anzuchtstation an der Spüle mussten versorgt und Post auf den Weg gebracht werden; inklusive eines Kontrollgangs zum Schulgarten.

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Ein Auszug aus meinem Querbeet-lesen, das mit neuer Lesebrille deutlich angenehmer verläuft:

Zu wenig Sauerstoff: Rätsel um mutmaßlich älteste Tierfossilien – ein Artikel im Spektrum, vom 28.07.2021

Anita Engels zum Klimaschutz: Mit freiwilligem Verzicht ist nicht zu rechnen – ein Interview in der Zeit, vom 30.07.2021

Die vielen Fehlschläge der „Querdenker“: So oft irren sich die Verschwörungsideologen – ein Artikel im Tagespiegel vom 31.07.2021

Als Schwarzes Kind auf dem Dorf: Die Wut kam später – ein Artikel im Tagesspiegel, vom 01.08.2021

Ohrwurm der Woche.

Ursprünglich war mir nach Falcos Egoist, allerdings, aus aktuellem Geschehen bemühe ich wieder einmal Janis Joplin …

Ein schönes Wochenende und bis die Tage,


Verlinkt mit dem Samstagsplausch von Andrea Karminrot, deren Blogpost-Titel für ihren aktuellen Wochenrückblick nur beipflichten kann: Glück kann so einfach sein!

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Kommentare

Kannst du dir meine Verblüffung vorstellen, als ich aus der ursprünglich roten Brühe diese Wolle herausfischte? 😀
Hmpf, geländegängige SUVs in der Stadt machen auch so viel Sinn! Leider nehmen sie auch in meiner Nachbarschaft zu. Man gönnt sich ja sonst nix mit D*imler- und P*rschewerken vor der Tür.
Viele liebe Grüße,
Karin

Jaja, Märsides Benzzz: Immer noch schön zu hören, froh, keinen zu besitzen. Aber du hast schon recht, es nimmt einem eine gewisse Spontaneität. Und in Pandemiezeiten beschränkt es enorm die Reichweite. Aber es ist, wie es ist.
Die leere Garage für schöne handwerkliche Dinge zu nutzen ist clever ( unsere alte – auf dem Nachbargrundstück – ist jetzt ne Fahrradwerkstatt ).
Lass es weiter so reduziert angehen!
Schöne Ferientage!
Astrid

Wenn mir heute jemand ein Fahrzeug mit oder ohne Stern vor die Tür gestellt hätte, hätte ich nicht nein gesagt. Ich bin immer noch ohne Fahrzeug und Mittwoch brauche ich es, oder ich muss mir eins organisieren.
Mit vielen lieben Grüßen,
Karin

Mein Auto war auch länger weg, aber jetzt bin ich doch froh, dass ich es wieder habe. Velo geht, aber bei Regen doch eher nicht so gerne. Deine Wolle ist sehr schön geworden.

Ich freu mich sehr, wenn Irrtümer aufgedeckt werden. Es wird schmerzvoll.

Liebe Grüsse zu dir

Regula

So wundervolle Wolle. Die Trockenmöglichkeit genial. (ich bin mag ja die Harkenleisten der Shaker sehr, wahrscheinlich, weil sie meinem Chaos so widersprechen) rot braune Brühe ergibt Grün, ob das ein Chemiker erklären könnte?
Das mit Deinem Auto ist Sch… Ab und zu brauch man es einfach.
Es ist der hohe Sitzkompfort und das reichliche Blech drum rum, die gerade bei Älteren und Frauen für den Besitz von SUV s sorgen. Oder zu kleine Egos. Oder… Sogar mit E Schildern fahren hier schon welche rum. Wusste gar nicht, daß SUV s auch in elektrisch können. Aber Parkplätze finden Sie damit immer noch nicht.
So, jetzt wünsche ich ein produktives und schönes Wochenende. Bin so auf die Quadrate mit dem Schilfgrün gespannt.
Liebe Grüße auch
Nina

Zum Wolle versticken komme ich so schnell nicht, denn nun habe ich die Nähmaschine herausgeholt. Ich gehe die Ferienaktivitäten so an, wie sie mir Spaß machen.
Liebe Grüße,
Karin

Wowww, da muss ich mich auch einmal melden. WAS für tolle Wolle ist da entstanden!Die Farben sind ja ein Traum! Als ständige Strickerin (früher noch viel mehr) finde ich die so toll, da möchte man sofort losstricken.
Sich trennen von Dingen liegt in weiten Bereichen noch vor mir, immer angedacht, dann durch aktuelle Dinge doch aufgeschoben. Muss sein, sonst wird es immer mehr und letztlich wirklich vieles Ballast.
Ohne Auto ist es teilweise einfach sehr schwer, für uns/mich hier wirklich unmöglich. Aber selbiges ist 15 Jahre alt, klein und heißt nicht SUV, nie, auch wenn hier die Bergwege und Anstiege, besonders in schwierigen Saisonzeiten, leichter zu bewältigen wäre. Es geht, wie es ist, und es muss. Liebe Grüße und ein gutes weiteres genießen der Zeit und Wollwerkstatt! Sunni

Es geht immer so verflixt schnell, dass sich die ausgelichteten Ecken füllen! Manchmal habe ich das Gefühl, da komme ich nicht mehr hinterher. Aber wird schon und hoffentlich mein altes Auto auch bald wieder. Mir einmal wieder aus selbst gesponnener Und gefärbter Wolle oder Seide etwas zu stricken ist noch im Plan. Vielleicht im Winter.
Liebe Grüße,
Karin

Meine Woche war ähnlich wie Deine und doch ganz anders 🙂 Ich habe (mal wieder) eBay Kleinanzeigen für mich entdeckt und dort Dinge als zu verschenken eingestellt, die hier zu lange im Weg standen. Zwei Türen, vier Fenster … So schön erst dankbare, fröhliche Menschen zu sehen und dann wieder Platz in der Garage zu haben! Mindestens so schön ist es, zu Fuß zu gehen, einfach weil man es kann. Und weil die Zeit dafür da ist.
Was Du schreibst, liest sich herrlich entspannt. Ich wünsche Dir, dass die nächste Woche genauso wird.
Carina.

PS: Mein Frosch grüßt Deinen Frosch 💚

😀 Zu Fuß unterwegs ist so viel zu entdecken, wenn die Zeit dafür da ist. Diese Momente kann ich momentan voll genießen. Eine aufgeräumte Garage ebenso.
Liebe Grüße,
Karin

Ach wie schön, dich so werkeln zu sehen! Deine Wolle ist gigantisch und die Farben sind wunderschön!
Dass sich aus diesem roten Schilf eine gelbgrüne Farbe ergibt hätte ich auch nicht gedacht.
Hoffe, du hast dein Auto wieder!
Liebe Grüße
Ingrid

Wenn ich könnte, würde ich mir selbst gerne zuschauen 😀 vor allem wenn ich an ein Vorhaben in der nächsten Woche denke.
Das Auto steht endlich wieder in der Garage, geflickt und mit neuem TÜV-„Bäpper“ – puh!
Liebe Grüße,
Karin

ich lese deine beiträge so gerne, auch wenn ich kaum noch kommentiere und stattdessen liebe im garten buddele…
diesmal muss ich dir aber sagen, dass ich die wollfarbe grandios finde und ganz baff bin, dass dieses schöne gelbgrün aus roter brühe entstanden ist! ich werde – wenn ich noch blühendes schilf finde – es mal mit papierfärben versuchen.
dem autochen viel glück!! unseres hat über 300 000 km runter, wir fürchten uns auch vor dem nächsten tüv. hier habe ich das gefühl, dass in allen parkhäusern der stadt (wenn ich da mal bin) nur noch suv’s parken und ich denen immer gern zettel an die windschutzscheibe kleben möchte (von wegen klimakiller und so…).
genieß weiter deine ferien, ich freu mich auf deine weiteren färbe-, näh- und sonstigen aktionen.
liebe grüße
mano
ps: ich bin übrigens eine große liebhaberin von brachen und komme an keiner vorbei ohne pflanzen zu suchen und zu bestimmen. kennst du die smartphone app „flora incognita“ von der tu ilmenau? die hilft mir immer sehr beim bestimmen und speichert auch gleich noch die eigenen beobachtungen.

Im Garten buddeln, herrlich! Das hoffe ich ab dem nächsten Jahr auch zu können, NICHT im Schulgarten.
Mit blühendem Schilf will ich es in den Ferien noch einmal versuchen zu färben, auch mit Rainfarn und einer Reihe an gut abgehangenen, bzw. Verstaubten, Kräutern aus meiner Kräuterwerkstatt, die ich in keinen Tee mehr geben mag. Zudem spukt mir eine neue Idee im Kopf herum, für die ich eigentlich keine Zeit habe. 😀
Das Auto steht wieder in meiner Garage, geTÜVt zum Glück. Es sollte noch ein paar Jahre halten, wenn ich die Schnappatmungspreise von Neuwagen sehe, vor allem bei den umweltfreundlicheren Modellen.
Zur Pflanzenbestimmung verwende ich PictureThis, wenn mich mein Wissen verlässt oder ich Bestätigung benötige. Danke für deinen Tipp, vielleicht als eine Art Zweite-Meinungs-App oder doch der ideale Ersatz.
Liebe Grüße und frohes Buddeln,
Karin

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