oder …

Vom Gartenfrust zum nützlichen Rohstoff

Nachdem im vergangenen Herbst ein Lehrgang auf dieses Frühjahr verschoben worden ist stand ich vor einem Problem. Ein Programmpunkt beinhaltet die Herstellung von Schnüren aus Brennnesselfasern. Brennnesselblätter für die Kräuterküche lassen sich beinahe das ganze Jahr über finden, aber keine langen Stengel. Ich überlegte mir schon meine Fasernessel auszubuddeln und im Wohnzimmer im Laufe des Winters hochzupäppeln. Im Prinzip hoffte ich auf eine Eingebung. Diese bekam ich, als ich zum Jahrestag durch meinen Kleingarten lief und mir gestehen musste, beim Kampf Yucca gegen mich steht es 2:1.

Ich erinnerte mich an eine Aussage einer Ausbilderin:
„Wenn dich im Garten etwas stört, dann iss‘ es!“

Yucca mögen zwar in Südamerika unter Heilpflanzen laufen und auch in Mitteleuropa gibt es einiges an Mittelchen aus Yuccabestandteilen als Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen, aber nee. Doch was spricht dagegen, die Yucca anders zu nutzen?

Yucca, oder auch Palmlilien gehören als Gattung zur Familie der Spargelgewächse – dazwischen liegt noch die Unterfamilie der Agavengewächse. Aus manchen Agaven werden brauchbare Fasern gewonnen, wie zum Beispiel Sisal. Aus Spargelschalen stellte ich Papier her! Gegoogelt fand ich die Information, aus Yucca werden tatsächlich Fasern genutzt, als Ersatz für Jute!

Zu diesem Zeitpunkt war ich schon einen Schritt weiter gegangen und hatte die ersten Yuccafasern in der Hand. Dazu hatte ich mit einem Hammer ein Yuccablatt vorsichtig auf einer Holzunterlage breit geklopft. Unter dem grünen Matsch schauten vielversprechend Faserstränge hervor.

Ohne weitere Hilfmittel zerteilte ich eins dieser Blätter in Stränge, die ich zwischen den Fingern verzwirbelte. Ein Fadenstück, yeah!

Der Anfang war gemacht und die Durchführung dieses Teils der Fortbildung gesichert. Allerdings wollte ich jetzt noch mehr wissen und probieren!

Zuhause kamen die restlichen geklopften Blätter ins Wasser. Dort weichten sie bis zur weiteren Verarbeitung ein.

Interessant wurde es bei meinem nächsten Arbeitsschritt, als ich die nassen Blätter zwischen den Händen rieb, um die Zellstruktur weiter aufzubrechen. Es begann zu schäumen. Das zeigte Saponine als weiteren Inhaltsstoff an, neben den Fasern.

Noch einmal gut durchgespült erschienen die Fasern noch deutlicher. An den Stellen, an dem der Hammerschlag weniger intensiv aufgekommen war, klammerten sich die grünen Pflanzenbestandteile noch fest und hielten die Fasern zusammen.

Damit ließ es sich arbeiten. Noch feucht verdrehte ich die Fasern zu einem weiteren Schnurstück.

Es erwies sich als recht stabil, selbst nach dem Trocknen.

Die zweite Schnur wurde geflochten. Der Vorteil vom Flechten ist das einfache Ansetzen neuer Faserstücke. Die Spindel verwendete ich nur zum leichteren Aufwickeln.

Einen weiteren Teil der Blätter kochte ich mit Waschsoda auf, spülte die Fasern nach dem Auskühlen und kämmte sie. Dabei entstanden viele Faserreste, die mir einfach zu schade für den Abfall waren.

Noch einmal in Wasser eingeweicht schöpfte ich ein winziges Stückchen Yuccafaserpapier.

Aus den ausgekämmten, kurzen, feinen Fasern ließ sich ein kurzes Stückchen feine Schnur drehen.

Mission Yuccafasern = erfüllt!

Ab ins Glas und Deckel zu!

Da sich die Yuccapflanzen als nützlich erwiesen dürfen nun ein paar an zugeteilten Stellen im Garten stehen bleiben.

Weiterführende Links auf meinem Blog:

Macht’s gut und bis die Tage,

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Kommentare

Na, da haben diese spitzen, harten Blätter ja doch was Gutes 😊 Ich gestehe, dass mir die Yukka im Garten als zu hart und starr (und eben so spitz) nicht sehr liegt. Aber als Nutzpflanze… So interessant, wie Du die Verarbeitung beschreibst. Was wird hinterher aus dem Band? (Klar, Du verwahrst das für den Kurs) aber wird das im Kurs gefertigte dann für etwas verwendet?
Und kann ich statt dem Hammer eine Nudelpresse (vielleicht gleichmaßiger?) nehmen?
Jedenfalls Danke, wieder so interessant
Liebe Grüße
Nina

Die Yucca und ich werde keine Freundinen, doch nun werde ich sie an zwei Stellen im Garten dulden.
Einfach nur durch rollen und pressen lassen sich die Yuccablätter nicht bearbeiten, um an die Fasern zu kommen. Das funktioniert auch nicht bei der Brennnessel oder der konventionellen Papierproduktion mit anderen Fasergrundstoffen.
Was mit den Bändern und Schnüren hinterher passiert? Sie werden einfach verwendet, wie jede andere Schnur auch.
Liebe Grüße,
Karin

wow
ich finde deine Experimente immer sehr interessant
was wirst du mit den Schnüren anfangen??
Vielleicht würde sich Yucca auch zum Waschen eignen wie Efeu 😉
ich hatte im Garten Brennesel bis 2 m hoch
aber ich habe sie jetzt zum Teil ausgemacht
erstaunlich was die für Wurzeln haben
ein Bereich ist noch da können sie wachsen
aber für Schmetterling
dabei gibt es hier kaum welche 🙁
liebe Grüße
Rosi

Die Schnüre werden verwendet, wie jede andere Schnur auch.
Vergangenes Jahr hatte ich in meinem Garten eine kleine überschaubare Anzahl an Schmetterlingen. Dieses Jahr müssten es mehr sein, mit dem zu erwartenden Angebot an Wildpflanzen, das ich ihnen inzwischen anbieten kann. Abwarten.
Ansonsten bin ich gespannt auf die Entwicklung meiner Faser-Brennnessel. Sie sollte bis zu drei Meter hoch werden und darauf hoffe ich.
Viele Grüße,
Karin

wie spannend!! eine yuccafasern sehen toll aus!
kennst du alice fox? von ihr ist kürzlich ein neues buch „wild textiles“ erschienen, das ich mir gerade gekauft habe. sie experimentiert ganz viel mit fasern und hat faszinierendes geschaffen. bei insta findest du sie unter „alicefoxartist“

Es gibt so viele Fasern und Techniken zu entdecken!
Das Buch von Alice Fox habe ich – gesehen, in der Hand gehabt und haben wollen. Unwiderstehlich, allein dieser Bucheinband! Es ist eine inspirierende Sammlung an Ideen, von denen ich ein paar umgesetzt habe.
Liebe Grüße,
Karin

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