oder …

Vor den Sommerferien passiert nichts mehr in der Schule? – Von wegen!

Woher diese Annahme kommt, erschließt sich mir, selbst nach so vielen Jahren im Schuldienst und etlichen durchlebten Vorferienzeiten, immer noch nicht. Es mag ja sein, dass es noch Relikte aus der KollegInnenklientel gibt, die Anfang Juli beginnen ihre private Videothek abzustauben, indem sie mit diversen Filmchen ihre Klassen beschäftigen. Meinereine kann sich nicht mehr erinnern wann sie zuletzt eine DVD mit in die Schule nahm. Für Klassenkino habe ich simpel und einfach keine Zeit.
Es mag auch sein, dass sich vielen nicht der Sinn hinter Projekten und Aktivitäten außerhalb der Klassenzimmer erschließt, die Schule vor allem im Zusammenhang von Büchern, Ordnern, Klassenarbeiten, Notengebung sehen. Werden jetzt noch die, aus bekannten Gründen, nicht geschriebenen Arbeiten nachgeholt, ist die Lobby für die Gesundheit der Kinder zu hören. Werden jetzt keine Arbeiten mehr geschrieben, wie ich es halte, ertönt das „Da passiert nichts mehr!“ Ich halte dagegen: „Von wegen!“ Im Übrigen kann ich von diesen Aktivitäten sehr wohl Noten machen, die ich dann sogar richtig gerne gebe.
Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung, den Kindern hätte es besser getan bis zu den Sommerferien im Wechselunterricht zu bleiben. Die Unruhe, die durch die Rückkehr in den Regelunterricht entstand, tut nicht gut. Wenn ich zwölf bis sechszehn Kinder zwei Mal die Woche zu testen habe, kann ich schneller das Programm des Tages starten, selbst wenn ich das mit der zweiten Gruppe im Wechsel genauso handhaben muss. Bei zwanzig bis dreißig Kindern in der Klasse dauert es einfach länger. Zudem wünsche ich mir einfach Zeit um auf die SchülerInnen nach diesem besonderen Schuljahr eingehen zu können. Sie müssen doch erst einmal ankommen, verarbeiten. Doch lieber wird kollektiv ins kalte Wasser geschmissen. Die Leihrechner und Tablets sind abgegeben und weggepackt und gut ist’s mit dem Kapitel Kompetenzerwerb in Sachen Digitalisierung. Das ist nur ein Beispiel.
Sorry, das musste einfach raus!

Es galt in diesem Umfeld den Kopf über Wasser zu halten. Mit den Mantras „Kopf hoch, gerade halten und durch“ fuhr es mir ab der Wochenmitte wieder mehrfach in den Rücken. Danach motivierte ich mich mit „eine Stunde geht noch“. Die Kinder dankten es.

Aus dem Unterricht der Woche

Alles in Bewegung

Abstrakte Bildaufgabe mit Plakatfarbe und Collage, Klasse 8

Bild in der Box

Origami-Faltschachtel (ohne Schneiden!) ausgestalten, ohne weitere Vorgaben, die Parallelklasse 8
Zu dieser Aufgabe hatten mich Manos Kunstschachteln inspiriert und ich brütete eine Weile darüber, wie ich ein solches Thema ohne weitere Einschränkungen, als auf die Größe der Box, den SchülerInnen präsentieren kann. Am Ende war es ganz einfach. Wir falteten zuerst die Box und im Anschluss stellte ich Zeitschriften, Zeitungen, und ein paar wenige Schachteln mit Knöpfen, Perlen und anderem Sammelsurium hin. Wenige deshalb, weil ich sie auf Ideen bringen, sie inspirieren wollte, sich selbst auf die Suche zu begeben.

Das ist übrigens ein Einhornhase!

Maschinenmodelle

Nach einem motorbetriebenen Fahrzeug sollte ein mechanisches Rührgerät gebaut werden. Das Thema lautet weiterhin ‚Maschinen und Mobilität‘, mit dem Schwerpunkt Getriebe, auch in Klasse 8.

Schafwolle als textile Faser

Mit den 7ern ging es weiter im Faserprojekt. Ihr hättet die Kinder einmal erleben sollen, als ich die Tüte voller Rohwolle öffnete! 😀 Herrlich, der Wechsel von „Ihhh“ zu „Uiiih“ im Verlauf der drei Unterrichtsstunden. Irgendwann griff fast jedes Kind in die noch schmutzige Wolle, erlebte das Weiche, wie das Wollfett auf der Haut. Die Erkenntnis, das dieses Fett auch die Haut vor dem kaltem Waschwasser schützt machten sie selbst. Das musste ich nicht erklären. Schade nur, dass wir es nicht noch schafften die Wirtel aus Ton zu formen, die wir für Spindeln benötigen. Deshalb wird nächste Woche nicht gesponnen sondern gefilzt.

Natürlich war ich noch in anderen Klassen. Die Stunden eines vollen Lehrauftrags müssen abgearbeitet werden und der Schulgarten betreut. Dort musste diese Woche wirklich nicht gegossen werden und die Schnecken treiben fleißig ihr zerstörerisches Werk voran.

Was die Woche noch so brachte

Die Linden blühen endlich am Stadtrand. In der Stadtmitte, die ein paar Meter tiefer liegt, sind sie schon verblüht. Dort zu ernten hätte jedoch keinen Sinn gemacht, denn Linden werden häufig an den Straßenrand gepflanzt – wenig lecker für einen Lindenblütentee. Für die gesündere Variante wartete ich gerne.

Über zwei Motivationsüberraschungen in dieser Woche freute ich mich besonders! Vielen lieben Dank an mein „großes“ Kind und an Andrea, die Zitronenfalterin. Von der Tochter stand ein Gartengruß in der Küche und Andrea schickte mir eine Gedichtsammlung, die mir sehr gelegen kommt. Denn Lyrik geht immer!

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Ich schaffe es momentan noch weniger, als in den vergangenen Wochen, mich aufs Lesen von längeren Texten einzulassen. Das ist mit ein Grund, warum ich wenig auf anderen Blogs unterwegs bin und wenn, so gut wie gar nicht kommentiere. Dreieinhalb Wochen noch bis zu den Sommerferien und bis dahin wird sich daran auch nicht viel ändern.

Ohrwurm der Woche

Schönes Wochenende und
bis die Tage,


Verlinkt mit dem Samstagsplausch von Andrea Karminrot

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Kommentare

Beim einleitenden Text schwoll mir schon wieder der Kamm, dabei bin ich jetzt 7 Jahre raus. Und bei deinen Unterrichtsprojekten wurde dann aber wieder die Sehnsucht wach, es dir gleichtun zu können und zu erleben, wenn Kinder nach anfänglicher Ablehnung sie überraschende sinnliche Wahrnehmungen heimsuchen. Das fehlt mir einfach doch. Hier haben die Kinder jetzt Sommerferien, fällt das morgendliche Geschnattere unterm Schlafzimmerfenster auch weg.
Dir wünsche ich alle Kraft, um durchhalten zu können!
Herzlich
Astrid

Beim Schreiben hatte ich einen ziemlich angeschwollenen Kamm und bemühte mich ins sachliche herunterzukommen. Im Alltag bin ich aktuell froh über meine „Außenstelle“ fernab des Hauptgebäudes. Dort kann ich schalten und walten.
Dieses Vermissen von der Arbeit mit Kindern, in diesen besonderen Momenten, äußerte heute auch eine Freundin. Mal sehen, wie ich die Lücke schließen werden. Noch habe ich dafür etwas Zeit.
Liebe Grüße,
Karin

So tolle Sachen machen die Kids mit dir in der Schule! Was mich immer am deutschen Schulsystem stört, ist die ständige Bewertungs- und Prüfungsmanie.
Lindenblütentee, wie schön, wenn Du einen feinen Baum in der Nähe hast. Unserer blüht gerade am fernen Lago.
Liebe Grüße
Andrea

Da trifft mich doch glatt das Fernweh, den am Lago war ich zuletzt mit 16!
Zeugnisse und der Weg dorthin sind für alle Beteiligten Stress. Allerdings sind die Verbalbeurteilungen, die in der Gemeinschaftsschule gegeben werden, auch nicht das Gelbe vom Ei! Sie sollen den Leistungsdruck mindern, doch vorher gab es eben auch Klassenarbeiten.
Liebe Grüße,
Karin

Was für tolle Projekte, die du mit deinen Schülern durchführen darfst. Einiges würde ich meinen Leuten [erwachsene Lernende] auch gern nahebringen. Bisher war einfach nicht genug Zeit. Das kommt aber noch, denn wir haben keine Schulferien, wil wir keine Schule im eigentlichen Sinn sind. Das kann von Vorteil sein.
Die Schachteln sind so klasse, die begeistern mich sehr.
Ich wünsche dir viel Kraft, weiterhin solch tolle Projekte umzusetzen.
Liebe Grüße von Mira

Manchmal gehen auch mir die Ideen aus, ebenso die Kraft. Im Moment geht es jedoch.
Alle diese Projekte, die ich hier vorstelle sind welche, die der Bildungsplan hergibt. Zumindest interpretiere ich ihn so. Zwar muss ich hier und da noch Theorie nachschieben, doch Dinge, die einmal gemacht wurden, bleiben eher in den Köpfen hängen. Da kann keine Theorieeinheit mit Buch und Aufschrieb mithalten, auch nicht mit Lehrfilmen. Davon hatten die Kinder im Online-Unterricht genug.
Liebe Grüße,
Karin

Holunderblütenlikör, hört sich lecker an.
Ein Kollege macht immer Sirup, von dem ich ein Fläschchen abbekomme. Im Herbst bekommt er dafür Holundergelee.
Lindenblüten sind mein Sommereinleitungsduft. Dieses Jahr hat er keine Zeit sich zu entfalten, denn schon ist der nächste Schauer da.
Liebe Grüße,
karin

Ich bewundere „Deine Werke“! Es sind ja Deine Vorgaben und die sind schon was anders und besser, als fast alles, was hier so die Kunstlehrerin meinen Jungs beigebracht haben. Und wie unglaublich gut Deine Schüler/innen damit umgehen und Kreativität zeigen! Ich habe immer die Lehrer gehasst, die früh keine Lust mehr hatten. Allerdings war es noch mit den Filmen (haha, iR genau einer, ausgeliehen aus der Videothek) um einiges schwerer, erst Projektor, dann Video2000, dann Vhs. Ich hoffe, Du stehst die Zeit jetzt auch noch durch!
Erholsames Wochenende und liebe Grüße
Nina

Ich bin oft wenig glücklich, wenn ich Klassen in Kunst bekomme, die jahrelang fachfremd in diesem Fach unterrichtet wurden. Mehr als die Hälfte kommen mit „ich kann nicht malen“ oder „ich hasse Kunst“. Bevor ich mit diesen Klassen einen Pinsel anfasse probiere ich immer Techniken, die für alle neu sind. Außerdem kämpfe ich damit, dass die kleinen Künstler die Schönheit ihrer Bildwerke erkennen, auch wenn sie nicht super gerade ausgeschnitten oder ausgemalt sind (weil das oft in der Vergangenheit so erwartet wurde).
Mal sehen was die nächste Woche bringt.
Komme gut durch die Woche, mit lieben Grüßen,
Karin

ich freu mich wirklich sehr, dass ich inspiration sein konnte und bin ganz entzückt von den kinderschächtelchen! auch dein wollprojekt ist so toll, da würde ich ja gern selbst mitmachen! schön, dass du solche unterrichtseinheiten machst, das hat meiner tochter immer sehr in der schule gefehlt.
ich wünsche dir viel vorfreude auf die sommerferien und schicke herzliche grüße.
mano

Ich hoffe sehr, dass die Arbeit an den Schachteln in dieser Woche weiterhin gut läuft. Gerne würde ich den Kindern meine gesammelten Käseschachteln aus Holz zur Verfügung stellen.
Dreieinhalb Wochen noch bis zu den Ferien. Das ist langsam doch überschaubar.
Liebe Grüße,
Karin

Die SchülerInnen kommen nach Jahren mit ihren Rückmeldungen. Das ist meine Erfahrung. Hauptsache sie wissen es irgendwann und machen etwas daraus.
Liebe Grüße,
Karin

Liebe Karin,
das tut mir sehr leid, dass du solche Rückenprobleme hast. Bei zu viel Stress verkrampft sich der Körper. Eine ungeschickte Bewegung – und Zack. Ich wünsche dir, dass du bis zu den Ferien noch gut durchkommst – viel Krft und Gesundheit!
Die Schüler haben ein ungeheures Glück, so eine Lehrerin wie dich zu haben!!! Wieder mal bin ich begeistert, was du so alles machst! Die Kunstschachteln sind genial!
Liebe Grüße
Ingrid

Danke, Ingrid.
Es gibt für meine SchülerInnen jedoch einige Momente, an dem sie mich so gar nicht mögen. In manchen Bereichen bin ich einfach von der alten Schule. Ich möchte es aufgeräumt und ordentlich. Fehlt eine Schere, der Deckel eines Klebers, … bin ich eisern. Interessant nur, die Teile tauchen dann immer auf.
Liebe Grüße,
Karin

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