oder …

Wir üben noch das Zurechtfinden mit Lücke, alle, in allen Bereichen!

Sonntag
Abreisetag für den letzten Gast aus England. Ungut die Meldung von den schon Zurückgereisten – Corona-positiv. Mist!
Auch die Nachrichten aus dem Radio … Mist!
Ganz schnell musste ich etwas wirklich Positives unternehmen und packte die ersten Oma-Erinnerungspäckchen.

Friedvoll die Stimmung im Garten, den ich den Bruder noch zeigte. Am Himmel zogen Tauben von den benachbarten Vogelzüchtern ihre Kreise, weiße Tauben.

Bevor ich den Bruder zum Flughafen brachte fuhren wir noch einmal zum Friedhof. Dort saß schon der Vater, der seinen täglichen Besuch bei der Mutter machte.

Abends, gerade in England angekommen, meldete der Bruder weitere Coronabetroffene in der Familie. Mist. Mist Mist.

Montag
Für diese Woche hatte ich mir vorgenommen wieder voll in den Schulalltag einzusteigen, nicht nur wegen der Prüfungen an meiner Schule! Meinen Teil hatte ich, trotz aller Sorgen und Aufgaben in den vergangenen Wochen, immer im Fokus behalten. Das wollte auch meine Mutter so. Selbst in ihrer Zwischenwelt angekommen, hatte sie mich immer wieder aufgefordert, mich um die Prüfungskinder zu kümmern.
Montagmorgen. Nach dem Wecker folgte das notwendige Procedere – der Schnelltest – wichtiger denn je, nachdem seit der Beisetzung der Mutter die Corona-WarnApp auf rot steht.
Mein Test war negativ und ein normaler Schultag konnte beginnen.
Trotzdem schwierig. Als ich das letzte Mal regulären Unterricht in dieser Klasse hatte, kam der Elternnotruf, der mich zur letzten Stunde der Lieblingsmenschin in ihrem Zuhause abrief. Das Telefonat und meine Sorge hatten die SchülerInnen nicht vergessen und fragten nach, ob es meiner Mutter besser gehen würde.
So schwer es mir fiel, ich ging auf ihre Fragen ein.

Nach dem Unterricht richtete ich die Arbeitsplätze für den ersten Prüfungstag. Das dauerte und ich bin im Nachhinein froh so akribisch vorgegangen zu sein. Jeden Lötkolben testete ich und schliff vorher die Lötspitzen nach. Alle Bauteile prüfte ich nach, alle Werkzeuge und Materialien standen bereit.

Dienstag
Der erste Prüfungstag für die 10er in den Wahlpflichtfächern. Im Fach Technik bedeutete das, in neun Unterrichtsstunden, ein Funktionsmodell mit einer automatischen Schaltung herzustellen.

Neun Unterrichtsstunden bedeutete auch für uns Prüfer ein harter Arbeitstag. Nachdem die SchülerInnen ihre Modelle abgegeben hatten, begann für uns das Beurteilen – Grundlage für die kommenden zwei Tage, wenn die SchülerInnen im mündlichen Prüfungsteil ihre Arbeitsergebnisse vorstellen sollten.
Die Sonne ging unter, als ich die Technikräume verließ. Ausgehungert und erschöpft war mir nach einem Aufbauprogramm zwischen Küche und Kultur.

Kulinarisch musste es gehaltvolles, schwedisches Soulfood sein: Janssons frestelse!
Das ist eine Art Kartoffel-Gratin, ohne Käse, das nur mit Anchovis-Konserven schwedischer Art so richtig funktioniert. Dazu muss man/frau wissen, dass in Schweden Anchovis nicht gleichbedeutend mit Sardellen sind. Schwedische Anchovis sind nach ganz spezieller Art eingelegte junge Heringe. Sie sind geschmacklich weit entfernt von den in Öl oder Salz eingelegten Sardellen/Anchovis, die es außerhalb Skandinaviens im Handel zu kaufen gibt. Ende der 1970er lief ich mir in Stockholm die Hacken für in Salz eingelegte Sardellen ab und bekam letztlich nur die süßliche Anchovisvariante in Dosen. Damals YUCK, heute lecker! 😀
Hierzulande fehlt es mir – einmal verführt – an schedischen Anchovis, vor allem seit sie der Möbelriese nicht mehr im kulinarischen Angebot führt. Es gibt Alternativen, die schwierig zu bekommen sind, und davon bunkere ich mir immer meine Dose für einen Soulfood-Notfall. Nun war es wieder soweit und Zeit für Janssons frestelse … Kartoffeln, Zwiebeln, Anchovis, Sahne, … und Resteverwertung aus der Dose (Link zu einem Rezept auf schwedisch).

Während das Gratin vor sich hin brutzelte klickte ich mich durch die verschiedensten Seiten mit Kunstausstellungen im Internet. In dieser Richtung fühle ich mich inzwischen ebenso ausgehungert, wie nach diesem langen Arbeitstag.
Während meiner Recherche traf ich wieder auf die Strandbiester von Theo Jansen – Link – die mich irgendwie doch zu eine Reise nach Den Haag verlocken. Oder Yoko Ono in Zürich – Link ? 2013 sah ich eine andere Ausstellung in Frankfurt von Yoko Ono, die eigentlich nicht zu toppen ist.

Mittwoch
Die erste Gruppe an Prüflingen präsentierte ihre Modelle und stellte sich den Fragen von uns als Prüfungskommission. Die meisten waren mit ihrer Note zufrieden, manche sogar mehr als das. 😀
Zuhause freute ich mich über das Wachsen und Gedeihen in den Anzuchtschalen. Ich hoffe auf ein gutes Tomatenjahr! Gekeimt hatte auch die Baumwolle. Da bin ich wirklich neugierig, wie die sich entwickeln wird!

Donnerstag
Die zweite Prüfungsgruppe kam zur Präsentation und Fragerunde, mit ähnlich erfreulichen Ergebnissen, wie am Vortag. Das tat auch mir gut.

Statt in den Garten ging es in den Maschinenraum. Im Auto transportierte ich seit Tagen den Baumschnitt. Ursprünglich wollte ich diesen zum Häckselplatz fahren, doch nun sägte ich ihn zu. Was daraus werden soll wird sich zeigen.

Freitag
Nach einem kurzen Schultag zog es mich in den Garten. Entgegen der Wettervorhersage war es weder sonnig noch mild, sondern windig und kühl. Trotzdem machte ich in der Vorbereitung der Beete weiter.
Bei der halb geöffneten Knopse der Magnolie hatte ich schon wieder Wasser in den Augen. Wieder ein Gedanke an die Mutter!

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Die Endemie ist ein falsches Freiheitsversprechen – ein Kommentar bei Heise online, vom 07.02.2022

Entdeckung in der Grotte Mandrin Zahn eines Babys könnte die Menschheitsgeschichte zeitlich neu verorten – ein Artikel im Spiegel, vom 10.02.2022

Russland und der Westen: „Sollen Sie mit dem Trampolin ins All springen“ – ein Artikel in der Wirtschaftswoche, vom 04.03.2022

Ohrwurm der Woche.

Wieder einmal Kaleo, aus Island!

Für das Wochenende steht der Anbauplan für den Gemüseteil des Gartens an. So viel Fläche hatte ich noch nie und ich bin gespannt, wie ich das bewältigen werde. Doch erst einmal lese ich mich etwas ein.

Bis die Tage,


Verlinkt mit dem Samstagsplausch von Andrea Karminrot.

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Kommentare

Ich weiss gar nicht ob ich dir mein Beileid schon ausgedrückt habe, aber ich weiss aus Erfahrung, dass der Trauerprozess erst beginnt. Mit dem beginn des Gartenjahres kommt sicher willkommene Abwechslung. Gut geplant ist halb gegärtnert, hat man mir immer gesagt.
L G Pia

Hast du, liebe Pia. Und ich stimme dir zu, das Trauern hat noch nicht wirklich begonnen. Zu viel ist noch nach der Beisetzung zu erledigen und die Behördendinge, die ich im Wochenrückblick gar nicht erst erwähnt habe, lassen das auch nicht zu. Als nächstes kommt das Kümmern um den nun einsamen Gefährten, meinen Vater, und um all die Dinge, die das Leben meiner Mutter ausgemacht haben.
Liebe Grüße,
Karin

Liebe Karin,
unglaublich, welche Facetten Alltag hat, wie sich das, was Du schreibst – die Mutter, die Prüfungen, die schwedischen Anchovis, Corona, der Garten, Familie und Kunst – ineinander fügt. Alles im Fluß, Leben halt.
Dass Du Deine Mutter verloren hast, tut mir unendlich leid.
Liebe Grüße – Carina.

Danke, für deine Anteilnahme.
Ja, das Leben, es geht immer irgendwie weiter, auch wenn sich gerade vieles falsch und nutzlos anfühlt.
Liebe Grüße,
Karin

„Der Tod ordnet die Welt neu.
Scheinbar hat sich nichts verändert,
und doch ist die Welt für uns ganz anders geworden.“
Liebe Karin, diese Verse habe ich in meinen Notizen, geschrieben nach dem Tod meiner Mutter. Ja, der Alltag geht einfach so weiter…

Es tut mir leid, dass dein Bruder und weitere Familienmitglieder sich mit Corona angesteckt haben. Ich war am Montag bei einer Beerdigung. Die Frau hatte 4 erwachsene Kinder, die mitsamt ihren PartnerInnen Corona positiv waren und nicht zur Beerdigung ihrer Mutter kommen konnten. Infiziert hatte sich auch die Pfarrerin, da sie alle beim Trauergespräch waren. Die Enkel mussten plötzlich erwachsen sein…
Dein Garten sieht sehr groß und schön aus – und nach viel Arbeit :-).
Alles Liebe und Gute für dich und deinen Papa!
Herzliche Grüße
Ingrid

Vielen Dank für deine Worte.
Die Befürchtung mich infiziert zu haben hatte mich bis zur Beisetzung besonders gesorgt und ich hoffe sehr, dass das Virus Abstand zu mir hält, bzw. ich weit genug von ihm, und die Tests negativ bleiben! So viel ist noch für den zurüchgebliebenen anderen Lieblingsmenschen zu erledigen. Alltag eben, mit neuen Facetten.
Schrecklich die Vorstellung, die du schilderst. Ein Abschied in dieser Form muss auch erst verkraftet werden.
Viele liebe Grüße,
Karin

Man sieht Deinem Garten schon jetzt Deine Fürsorge an. Der wird wunderbar, wenn Sonne und Wasser und Wärme ihn sprießen lassen. Bin sehr auf all die Nutzflächen gespannt.
Schön, dass Deine Schüler Einzug abgeschnitten haben! Den Erfolg darfst Du Dir ruhig anreisen 🙂 Dein Engament finde ich immer wieder bewundernswert
Es ist so schön, Erinnerungspäckchen zu packen und zu bekommen. Immer, wenn es nötig ist, zieh ich den Islandpullover von meinem Papa an und fühle mich umarmt
Ein schönes Wochenende und liebe Grüße
Nina

Oh, da muss ich etwas berichtigen – der Blick durch den Rosenbogen geht in die Richtung der Gartennachbarn und Vogelzüchter. Mein Gartenstück liegt, von diesem Standort aus, hinter mir. Ihn werde ich bis zum Monatsende noch vorstellen, zumindest habe ich das vor. Mehr bloggen soll auch ein Teil zurück in den Alltag werden. Mal sehen, wie das klappen wird.
Deine Geschichte mit dem Vaterpullover geht in die Richtung, die ich mir bei diesen Päckchen vorgestellt habe, lauter Umarmungen, die die Großmutter ihren Enkeln nicht mehr geben kann.
Viele liebe Grüße,
Karin

Ja, sind sie. Holzscheiben mit dem runden Bohreraufsatz (Lochsäge) bearbeiten, so dass eine entsprechende Fläche herausgenommen werden kann, auch für Salz… Schnitzwerkzeug ist auch nicht verkehrt
Zur Not schick ich Dir das einfach.

Ich habe im Zeitschriftenladen geblättert und festgestellt, dass ich ähnliches schon mit SchülerInnen gemacht habe. 😀
Trotzdem danke für den Tipp.

Der Garten wird dir viel Arbeit und so viel Freude bescheren in dieser mehrfach traurigen Zeit.
Die rote Kachel wurde mir heute auch präsentiert. Dabei war ich nur einmal frühmorgens einkaufen und sonst nur mit dem Hund im einsamen Wald unterwegs.
Jansons frestelse erinnert mich gleich an meinen Sprachaufenthalt während des Studiums in Lappland. Bestimmt eines meiner Lieblingsgerichte. Leider vertrage ich mittlerweile keine Zwiebeln mehr, aber muss man eben experimentieren (wir haben es übrigens auch mal mit Kronsild probiert, schmeckt auch gut).
Liebe Grüße
Andrea

Da fand ich doch im Netz eine Bestelladresse für das Original an Anchovis 😀 – gleich bestellt. Sürströmming gab es auch im Angebot, aber das esse ich nur wieder in Schweden, im Freien und in passender Gesellschaft. Wobei, zum Rezept gehören viel Zwiebelringe, roh, was mir auch nicht mehr so gut bekommt.
Schade, was sich im Laufe eines Lebens an Nahrungsunverträglichkeiten einstellen können. Meine Sammlung erweitert sich leider und ich hoffe, bei einigen liegt es am Anbau, der Düngung, der Zubereitung oder einfach an meiner Grundstimmung.
Experimentieren wir halt!
Liebe Grüße,
Karin

vieles wird dich noch im lauf der zeit an deine mutter erinnern und sicher tränen, aber vielleicht auch ein lächeln hervorrufen, weil sie sich so gekümmert hat. gartenzeit tut gut und ist für mich auch ein heilmittel. ich warte darauf, dass sich der boden erwärmt. sprießen tut es schon ganz prächtig!
liebe grüße
mano

Ich sehe das auch so, dass es immer wieder Momente geben wird, die Erinnerungen hervorrufen und ich weiß, die Schärfe des erlebten Abschieds wird verschwinden.
Im Garten muss ich mich an dem meisten Plätzen noch überraschen lassen, was sich von den Vorpächtern aus dem Boden heraus entwickeln wird. Da ist Geduld gefragt. Freude machen mir gerade die grünenden Beerensträucher!
Liebe Grüße,
Karin

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