oder …
Kleine Fluchten!
Der Taschentuchverbrauch hat einen festen Pegel erreicht. Noch immer laufen von jetzt auf nachher die Tränen einfach so, aber besonders wenn ich einen der Kartons mit Wäsche meiner Mutter öffne, die sich, aus dem Pflegeheim mitgebracht, immer noch in meinem Büro stapeln. Auf Düfte und Gerüche reagiere ich immer schon sehr sensibel, aber in diese Kartons möchte ich mich am liebsten verkriechen, einigeln, verlieren.
Dabei fallen mir auch kleine Schätze in die Hand, die ich für die EnkelInnen, im Sinne ihrer Großmutter, richte und verpacke.
Dann gibt es die Momente, wenn alle getröstet sind, ich alle anstehenden Notwendigkeiten zur Beisetzung und zur Trauerfeier meine erledigt zu haben. Dann fühle ich mich wie ein abgenutzter, fadenscheiniger lumpiger Putzlappen, der klamm über einer Wäscheleine abhängt. Bis zum Trockenwerden kommt dieser Feudel nicht, denn da ist noch die Versicherungsabmeldung, die Rentenummeldung (ein Krampf!), Rückfragen der Pflegeversicherung, … . Es kommen Gutachten und Bewilligungen, die ich für Mutter nicht mehr brauche und ich muss bei der Ablage aufpassen, ob es sich nicht für den Vater handelt. Immer wieder sind an den einzelnen Anlaufstellen Papiere gefragt, die vorab nicht angegeben waren, weshalb ich nur noch mit dem immer dicker werdenden Ordner auf den Ämterwegen unterwegs bin. Dann passiert es doch! Trotz vorgelegter Vollmachten und Gedöns flattert Post an, die nochmaliges Erscheinen, Schreiben, oder Papiere vorzeigen erfordert. Nicht berechtigt! Von wegen! Argh!
Nebenbei bereite ich die praktische Prüfung meiner 10er vor. Das Hantieren in der gewohnten Umgebung, die Handlungen beim Umgang mit Dingen und Geräten, die ich kenne, von denen ich weiß wie sie funktionieren – oder auch nicht – stabilisiert mich. Hier hat die Welt noch ihre gewohnte Ordnung. Hoffentlich auch für meine SchülerInnen in der nächsten Woche.
Wenn gar nichts mehr geht, die Seele übermäßig weh tut, zieht es mich in den Garten. Hier wirke ich so lange, bis der Schmerz in den Muskeln und Gelenken den anderen überlagert. Ich hoffe bis zum Monatsende Einblicke in meine Kleingartenwelt zusammengestellt zu haben, um zum Quartalsende wieder beim 12tel-Blick dabei zu sein.
Abschied von der Lieblingsmenschin
Ein gutes Beisetzungsunternehmen, eine bewährte Gärtnerei, ein feinfühliger Priester sind eine echte Unterstützung auf dem letzten Weg eines geliebten Menschen! Frau Holle und Petrus sorgten zudem für einen Frühlingstag, dass die Urnenbeisetzung von Vogelgezwitscher begleitet wurde. Das fanden nicht nur wir Angehörige tröstlich, auch die vielen Trauernden aus der Nachbarschaft.
Ihr Platz unter der Krone dieses gegabelten Mammutbaums, in direkter Nachbarschaft zu den Sternenkindern, könnte nicht passender für meine Mutter sein. Ich kann mir so gut vorstellen, wie sie ihre Arme ausbreitet und all die kleinen Wesen auffängt.
Im Vorfeld der Beisetzung musste ich mich beschäftigen. Da reichte mir in meinem Betätigungsdrang nicht die Versorgung der angereisten Familienangehörigen. An die Kochkünste meiner Mutter werde ich nicht herankommen, vor allem nicht wenn es ihren Kartoffelsalat betrifft. Ihre Tricks für ihre superleckeren Kartoffelpuffer verriet sie mir noch in ihren letzten Tagen, damit ich sie meinem Bruder nach seiner Anreise auftischen konnte.
Es bleiben mir ihre anderen Rezepte, wie das von ihrem Nusskuchen und den Orangenplätzchen.
An denen versuchte ich mich in den schlaflosen Nächten, um sie am Familientreffen nach dem Beisetzungsgeschehen auf dem Tisch stehen zu haben.
Not perfect, but gut genug, dass wenig davon übrig blieb – trotz Hüter! 😉
Wobei Hüter … tja … auch nicht immer perfekt sind! 😀
Wunderbar am Tag danach, als ich den Urnenkranz auf dem Grab meiner Großeltern, wie abgesprochen, liegen sah, (am Baumgrab der Mutter darf er nicht liegen bleiben) …
… im Zentrum ein Veilchenstrauß, ein besonderes Symbol von mir an die Mutter. So lange ich mich erinnern kann pflückte ich die ersten Veilchen des Jahres für sie.
An dieser Stelle …
für euren Beistand und euer Verständnis, dass ich euren Blogs in den letzten Wochen nur wenig gefolgt bin.
Ohrwurm der Woche.
Macht’s gut, bleibt gesund und bis die Tage,
Verlinkt bei Andrea Karminrot und ihrem Samstagsplausch .
Kommentare
so viel herzzerreißendes – im privaten und im gesellschaftlichen. ich wünsche dir, dass der garten dir kraft und trost gibt. der frühling beginnt jetzt so langsam und du wirst bestimmt einiges bunte und schöne einpflanzen und aussäen können.
viele liebe grüße
mano
Vielen lieben Dank für deine Anteilnahme.
Der Frühling gibt Trost, nicht nur mit dem Gezwitscher der Vögel auf dem Friedhof und vor meinen Fenstern. Der Blick in die Anzuchtkästen sorgt für kleine Aufbaumomente.
Liebe Grüße,
Karin
Liebe Karin,
Ein angefangene Brief liegt hier schon rum, ich brauche immer etliche Tage für so etwas. So schwierig ist es doch, jemandem in dieser Zeit Trost zu spenden. Bei den Veilchen hätte ich selber fast geheult. Ich hoffe, in dem „neuen“ Garten sähen sich ganz viele davon aus. Und den Mamutbaum finde ich auch einfach nur wunderbar tröstlich.
Ich wünsche ganz viel Trost in vielen was Du tust und den schönen Erinnerungen
Alles Liebe
Nina
Veilchensamen werde ich an der Grabstelle ausäen! Das ist einmal ganz sicher! Dazu kommen noch eine Reihe an anderen Wildblumen, deren Samen ich an Mutters Lieblingsstellen im Laufe des Jahres sammeln werde.
Es braucht seine Zeit, und ich brauche sie.
Liebe Grüße,
Karin
Wie viel Liebe zu deiner Mutter aus diesem Post spricht! Und einen tollen Platz für die letzte Ruhe habt ihr da gefunden ( wobei ich es ja auch bedauerlich finde, dass da kein Blumenschmuck liegen bleiben darf. ist aber beim Baum meines Schwagers auch so. ).
Ja, der Alltag kann ganz schön Halt bieten…
Dir viel Gärtnerglück!
❤️lich
Astrid
Der Blumenschmuck hat am Großeltergrab einen guten Platz. Für die Grabstelle der Mutter habe ich meine Ideen im Kopf. In unmittelbarer Nähe wurde Mutters Mutter beigesetzt und, obwohl das Grab schon viele Jahre keinen Grabstein mehr hat, ist ihr Platz im Frühjahr sofort zu finden – markiert von inzwischen verwilderten Krokussen. Dieses Gärtnerglück werden wir versuchen zu wiederholen!
Liebe Grüße,
Karin
So viel Liebe spricht aus deinen Worten!
Herzliche Grüße
Andrea
Danke!
Liebe Karin,
ich bin eine stille Leserin deines Blogs. Ich möchte dir mein ganzes Mitgefühl sagen!
Es ist unglaublich, was man in der ersten Trauerphase auch noch an Papierkram zu erledigen hat, bei dem man seine Gedanken zusammenhalten muss! Ich wünsche dir, dass du das gut durchstehst und immer wieder tröstende Momente in den kleinen Dingen finden kannst.
Herzliche Grüße
Sabine
Liebe Sabine,
vielen lieben Dank für deine Anteilnahme.
Für mich und die Eltern war es gut, uns schon in guten Tagen darüber abgesprochen zu haben, wie sie sich ihre Beisetzung vorstellen. Das war eine große Erleichterung, wenn die Frage nach dem Abschied kommt, welches Beerdigungsinstitut denn beauftragt werden wird. Das ist dann der erste Gang, das erste Telefonat, das einem nicht abgenommen wird. Aber ist das Unternehmen vorab gut ausgewählt, ist es eine große Erleichterung. Trotzdem bleibt vieles selbst zu erledigen, was unter Umständen einen aus der Trauer in den Alltag zurückholt.
Zum Glück gibt es immer wieder Trost, in Momenten oder durch Menschen, die nicht vermutet werden. Das baut auf! Danke.
Liebe Grüße,
Karin
Die Beerdigung ist so ein wichtiger Schlusspunkt einer aufregenden Zeit. Die Trauer geht natürlich nicht weg, aber das wissen einen guten Platz gefunden zu haben beruhigt. Und was für einen Platz hat deine Mama nun! Tröstlich schön!
Ich kann dir nur beipflichten! So hart dieser letzte Weg ist, es ist der letzte Abschied, der dann auch nötig ist. Die Trauer bleibt und die Leere, aber ein Ort zum trauern, der für uns sehr tröstlich ist.
Liebe Grüße,
Karin
Liebe Karin,
gelesen hatte ich hier schon, aber nun möchte ich doch auch noch ein paar Worte schreiben. Bei all deiner Trauer hast du trotzdem so einen schönen, berührenden Post geschrieben! Ja, es ist schwer, von einer Mutter Abschied zu nehmen… Meine Mutter ist nun schon sieben Jahre tot und ich vermisse sie heute immer noch. Und es gibt kurze Momente, ausgelöst durch Gegenstände, die mich an sie erinnern, da schnürt es mir die Kehle zu und es laufen die Tränen. Ich wünsche dir ganz viel Trost, aber auch die Kraft, die Trauer zuzulassen!
Ich finde auch, deine Mutter hat einen sehr schönen Platz und wenn sie sieht, dass du ihre Orangenplätzchen gebacken hast, wird sie von oben herunterlächeln…
Fühl dich von mir gedrückt und sei ganz herzlich gegrüßt
Ingrid
Liebe Karin,
es tut mir sehr leid, und ich wünsche dir ganz viel Kraft und Zuversicht in dieser Zeit.
Für deine Mutter hast du wirklich einen wunderbaren Platz gefunden!
Ich drück dich ganz herzlich,
Gabi
Danke!
Ich habe heute an dich gedacht, als ich mich über das erste Grün der Fasernessel freute. Sie gehörte zu den ersten Pflanzen, die ich aus dem Schulgarten mit in meinen Ruhestandsgarten nahm. Der Standort ist noch nicht optimal, aber ich habe den Eindruck, das wird jetzt endlich etwas!
Viele liebe Grüße,
Karin