oder …
Eine weitere Schulwoche, nun wieder mit angezogenen Pandemiebestimmungen
Drei Mal die Woche testen, lüften, desinfizieren, Maske tragen sind inzwischen, als Routinen, Teil des Schulalltags. Doch dann wird ein Kind positiv auf das Mist-C-V getestet, das kurz vorher seinen Energydrink (auch ein Sauzeug) mit drei/vier anderen SchülerInnen geteilt hat. Argh!
Im Grund managen die Kinder das Testen souverän. Funktioniert ein Test nicht, wird ein neuer gemacht. Selbst wenn zwei Striche auftauchen ist die Aufregung erst einmal nur kurz. Erst wenn der zweite Test den ersten bestätigt wird es unruhig in der Gruppe. Noch ist die Inzidenz an meiner Schule sehr überschaubar, doch in benachbarten Schulen und vor allem im nahen Stuttgart sieht es ganz anders aus. Werte von über 900 bei 6- bis 9-Jährigen und über 800 bei den 10- bis 19-Jährigen machen mir mehr als Sorgen.
Montagabend, 11:30 Uhr, denke ich mir nach Unterricht, einer Fortbildung und nicht enden wollender Materialerstellung, eine Woche, wie diese … oje, wenn sie schon so beginnt.
Kein WLAN im Nebengebäude, deshalb die meteorologische Falschmeldung auf meinem Dienst-Schlepptop. Dann eben Unterricht ohne Internet und auf das gute alte Buch zurückgegriffen.
Der Himmel wurde im Laufe des Tages nicht heller.
Der Gedanke, am nächsten Morgen ausgeschlafen und gut vorbereitet, bitte lächelnd, vor der Klasse stehen zu w/sollen, lähmt. Ich bin vorbereitet, ja! Ob gut, wird sich zeigen. Ausgeschlafen werde ich nicht sein, und wahrscheinlich die restliche Planung mit ins Bett nehmen. Oh, yeah!
Was sich zeigt sind die Schwächen von Bildungsplanwechseln, Kultuspolitik und LehrerInnenzuteilung, und zudem die Auswirkungen der pandemiebedingten Schulschließungen, die aufzufangen bemüht versucht werden. „Lernen mit Rückenwind“ heißt das aktuelle Hilfsprogramm für SchülerInnen in Ba-Wü.
Tja, und wer hilft mir mit einer Prise Rückenwind, wenn ich SchülerInnen auf eine Prüfung vorbereite, die mich in Technik mit großen Augen und rudimentären physikalischen, wie chemischen Grundkenntnissen anschauen? Wo sind die FachlehrerInnen im naturwissenschaftlichen Bereich der Mittelstufe? Ich darf Physik und Chemie nach dem Aufdröseln des naturwissenschaftlichen Fächerverbunds MNT (Materie – Natur – Technik) nicht mehr unterichten, weil ich nicht qualifiziert genug bin, aber jede volle Lehrkraft, fachfremd, auch ohne Zusatzausbildungen, wie ich sie absolviert habe … nee, bevor ich mich weiter aufrege gehe ich schlafen. Die Nacht ist jetzt kurz genug geworden.
Dienstagabend nehme ich mir vor pünktlich schlafen zu gehen. Den nächsten Tag habe ich vormittags unterrichtsfrei, also kann die Seele baumeln und die Muße einkehren. Ein wenig Sticken darf dabei sein und dann klebe ich doch auf dem Sessel gekuschelt, mit dem Telefon in der Hand. Beim dritten Telefonat hole ich mir noch ein Gläschen Wein dazu. Ach, wie fein!
Der zurückliegende Schultag verlief trotz Schlafmangel erfreulich gut. Die vorbereitete Physiknachhilfe im Verbund mit der aktuellen Elektrotechnikaufgabe lief anfangs etwas holprig, doch dann fielen viele Groschen, einer nach dem anderen. Ich hörte es richtig plumpsen und sah es in den Augen meiner Schülerlein, als auch noch die Schuppen von denselben fielen und sich der Vorhang hob. URI und die Zusammenhänge sind nun verstanden, anhand praktischer Aufgaben, Einsatz von Messgeräten und zuletzt vieler kleiner Skizzen mit jeder Menge kleiner Eselsbrücken, begleitet von Horden negativ geladener Strichmännchen. Jetzt blinken alle Schaltungen aka Aliens. Puh!
Nächste Woche gibt es den nächsten Crashkurs in Sachen Halbleitern und Transistoren, alles schon ausprobiert und vorbereitet.
Mittwochabend, platt und Füße hoch, lasse ich den Tag Revue passieren. Alarmstufe in Ba-Wü, also gilt wieder Maskenpflicht im Unterricht. Außerdem wird die Testpflicht ausgeweitet, auf alle, die sich länger als 10 Minuten in den Schulgebäuden aufhalten.
Ich habe mittwochs jedoch unterrichtsfrei. Das heißt nicht schulfrei und entsprechend zerstückelt lief das Tagesprogramm ab. Einkaufen, Konferenz, weiter einkaufen und für das Geschehen am Wochenende Platz geschafft.
Dabei fiel mir die liegengebliebene Post ins Auge. Mich noch einmal gestiefelt und gespornt auf den Weg gemacht, um, kaum vor der Tür, Nachbarschaftshilfe zu erfahren. Den Gang zum Briefkasten delegiert – „wir gehen doch sowieso am Briefkasten vorbei!“ – konnte ich im Haushalt weitermachen. Dazu blieb noch etwas Muße für die Liste und die Weihnachtskarten. Es ist noch viel zu tun!
Donnerstagabend und erschöpft. Die Gartenkinder hatten mich wieder versetzt. Also machte ich mich alleine ans Werk, im alten Schulgarten endlich den Rückschritt in Angriff zu nehmen. Nach einer Stunde traf ich einen Beschluss und räumte die Gartenschere weg. Wenn andere das Gestrüpp nicht stört schaue ich jetzt auch weg! OK, im Garten selbst schnippelte ich dann doch den Weg zum Kompost frei. So viel in Sachen Konsequenz.
Erfreulicher verliefen die Stunden am Vormittag, mit meinen schwierigen Jungs. Die Schemel aus alten Regalbrettern eines Möbelriesens nehmen Form an.
Das Grüppchen, das mit Feuereifer dabei ist, setzte alles daran, bloß nicht ins Klassenzimmer gehen zu müssen! Deren Ergebnisse nehmen inzwischen Form an und lassen sich wirklich sehen.
Jetzt hoffe ich, dass die etwas schwierigeren der schwierigen Jungs etwas motivierter sind, mit ihrem Werkstück voranzukommen.
Freitagabend. Wochenende. Das Gästezimmer ist gerichtet. Besuch zu einem „Arbeits“wochenende mit Familientradition liegt an.
Damit das eine oder andere herumliegende Etwas nicht vor der Zeit entdeckt wird, kam es schon einmal in Papier. 😀
Gelesen. Gesehen. Angehört.
„Ich vertraue auf meine natürlichen Rutschabwehrkräfte“ – Winterreifengegnerin lässt Sommerreifen drauf – ein bissele Satire vom Postillon, vom 15.11.2021
Generation Greta – eine Dokumentation (43:55) auf 3SAT, vom 11.11.2021, verfügbar bis 11.11.2026
Artensterben in Europa: Hunderte Millionen Vögel verschwunden – ein Artikel in Spektrum, vom 16.11.2021
Häkeln für die Weltmeere – ein Projekt des Museums Frieder Burda und
Crochet Coral Reef – dem zugrunde liegendem Projekt, initiiert von Margaret and Christine Wertheim, und mir kribbelt es so in den Fingern mitzumachen, aber der 30.11.2021 als Abgabetermin … hätte ich doch die Info etwas früher gehabt.
Corona-Krise: Haben wir nichts gelernt? – ein Artikel in der Zeit, vom 15.11.2021
Ohrwurm der Woche
Es ist eine Neuauflage von „Rückenwind“, ein Stück von Thomas D, dass nach fast einem Vierteljahrhundert immer noch fein zu hören ist. Hier das Original – Link.
Klare Sache, das Teil kommt auf meine Abschiedmusiksammlung.
Die Überraschung, es ist schon drin! 😀
Ich mache jetzt auf jeden Fall das Radio aus, um nicht noch einmal Adele zu hören. Mir geht ihre Stimme bei der aktuellen Berieselungsmenge auf die Nerven. Oh, ich benötige ganz schnell etwas lautes auf die Ohren – mindestens ein paar rollende Steine – 😉
Ein schönes Wochenende und bis die Tage,
Verlinkt bei Andrea Karminrot. Dort setze ich mich ganz kurz mit meiner Tasse Tee zum Samstagsplausch dazu.
Kommentare
Kein Wunder, dass die Radiohörerschaft sich wie bekloppt freut, wenn man wieder 80iger Tag angekündigt wird (ich auch)… In diesen Tagen möchte ich nicht in einer Schule stehen. „Mit Rückenwind“… den bräuchte der Verstand unserer Politiker*innen wohl besonders dringend. Mein älteste Enkelin in den Staaten hat vehement auf ihre Impfung bestanden. Hierzulande müsste sich sich wohl drei Stunden in die Schlange vor dem Impfbus einreihen.
Dass sich deine Jungs liebend gern auf ihre Hocker stürzen, kann ich mir gut vorstellen.
Ein entspanntes Wochenende wünscht
andrea
Der Rückenwind muss noch etwas Fahrt aufnehmen. Bisher ist er gerade mal als laues Lüftchen wahrnehmbar.
Die Sorgen und Interessen der Kinder anzuhören und zu verstehen, sie dann auch umzusetzen bzw. zu ermöglichen ist so wichtig. Sie wünschen sich nicht nur teure Klamotten und Spielkonsolen. Sie möchten eine Zukunft mit Perspektive. Wenn das dann eine Impfung ist, dann bitte diese. Von meinen SchülerInnen haben viele inzwischen ihre Piekse abgeholt.
Viele liebe Grüße und einen schönen Sonntag, trotz Nebel,
Karin
Rückenwind? SCHULE? Das ich nicht lache! Keine wirkliche Kombi, nur illusorisches Wunschdenken.
Hut ab, vor dem was Du da gerade leistet.
Laut lachen musste ich bei dem Sommerreifenwitz! Danke!
Adele geht mir auch gerade schon wieder auf den Keks, ich nehm da lieber sowohl den Song der Temtations als auch die Stones. (liebe vor allem den „ruff“ Teil von proude Mary gesungen von T Turner)
Dann hoffe ich, Du kannst am Wochenende viel Kraft tanken und sende herzliche Grüße
Nina
Ja der Postillon, der ist für manches dann doch immer wieder gut zu lesen. 😉
Erholung brachte das Wochenende noch keine. Spaß macht es und es baut auf, zumindest kurz , die Sorgen hinter sich zu lassen.
Viele liebe Grüße,
Karin
Ach du Gute! Ich denke doch, deine Schüler*innen wissen, was sie an dir haben! Schlaflose Nächte – keine gute Voraussetzung für Unterricht, aber hängt ja oft miteinander zusammen.
Weiteres in einer Mail.
Alles, alles Gute!
Astrid
Danke für dein Schreiben! Das hat gut getan!
Gut tat mir auch eine wieder aufgenommene Familientradition an diesem Wochenende, über das ich noch berichten werde.
Jetzt dreht sich die Waschmaschine und es ist still …
Viele liebe Grüße,
Karin
Mit Eselsbrücken kommt man eher ans Ziel, anschaulich erklärt, lässt manchen Groschen fallen. Dir scheint es gelungen zu sein. Wünsche dir ein schönes Wochenende.
L G Pia
Ich hoffe, dass einiges noch im Gedächtnis geblieben ist und die nächsten Verständnishilfen ankommen.
Liebe Grüße,
Karin
Ja echt! wie wäre es mit ein bisschen Rückenwind für die Lehrkräfte! Ich finde, du rackerst dich ganz schön ab – und nimmst alles sogar noch mit ins Bett 🤨.
Ich hoffe und wünsche, du hattest dafür ein schönes, erholsames Familienwochenende! Traditionen sind immer gut 👍.
Liebe Grüße
Ingrid