oder …

Schwierige Zeiten, selbst zum Trauern

Tag 14, seit ich meine Lieblingsmenschin zuletzt erleben durfte.

Tag 10, seit Krieg in der Ukraine herrscht.

Vor genau acht Jahren liefen die Kämpfe zur Annexion der Krim durch die russische Armee. Ich kann mich noch gut an die Reaktionen meiner Mutter erinnern, wie ihr Kindheitstrauma wieder hoch kam, ihre Geschichten, die sie wieder erzählen musste, ihre Sorgen und Ängste.
In aller Trauer und Traurigkeit bin ich froh, dass sie dieses Menschen verachtende, durch einen eiskalten Säbelrassler inszenierte, neue Geschehen in all seiner Konsequenz, nicht mehr miterleben muss. Ein bitterer Trost.

Wir als Familie nehmen immer noch Abschied. Alles ist noch so frisch. In jeder Ecke, in jedem Winkel, schaut uns etwas von der Mutter an, nicht nur in der Elternwohnung.
Entscheidungen müssen getroffen werden, Traueranzeigen verschickt und verteilt. Behördengänge liegen an, … und manches Mal muss die Maske als Tropfenfänger herhalten, wenn es in den Augen wieder feucht wird.

Das Radio, das bei mir zuhause oder im Auto wieder läuft, brachte keine positive Ablenkung, zumindest was die Nachrichten betrifft. Einzige Ausnahme war der Freitag, 4. März, als viele deutsche und europäische Radiosender, zeitgleich um 8:45 Uhr „Give Peace A Chance“ von John Lennon und Yoko Ono spielten:
Europa als ein Sender, eine Stimme, mit einer Nachricht.
Gänsehaut. Mitgesungen. Taschentücher benötigt, wieder einmal.

Entsetzlich die Bilder und Berichte, auch aus dem privaten Umfeld, und dann der Bericht vom Beschuss des Kernkraftwerks Saporischschja. Da war sie wieder, meine große Sorge, vom Finger über einem roten Knopf, und eine Liedzeile im Ohr: I hope the Russians love their children too!

Ohrwurm der Woche.

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Putin erklärt nach Annexion: „Die Krim gehört zu Russland“ – ein Artikel aus dem Archiv von SWR2, vom 18.03.2014

Themenwechsel

Der größte gemeinsame Stammbaum der Menschheit – ein Artikel in der FAZ, vom 24.02.2022

Historischer Facelift: 4.000 Jahre alter Schädel bekommt ein Gesicht – ein Artikel in National Geographic, vom 02.03.2022

Mit Elefantenkot Geschichte schreiben – ein Bericht in der Wochenzeitung der Freitag, vom 01.02.2022 – das Original im The Guardian fand ich nicht, aber einen Artikel in The Christian Science Monitor

Gesucht und gefunden, das kleine Büchlein, das mir vor Jahren der Sohn aus dem Elephant Poopaper Park, in Thailand, mitbrachte.

Und sonst?
So viel üblichen Alltag, wie möglich versuche ich zu leben. Der Lieblingsmensch braucht Trost und Unterstützung, wobei ich nach einem Coronakontakt schon wieder vorsichtig sein muss. Zudem beginnt mit dem Vorfrühling die Heuschnupfensaison. So schön das zunehmende Licht und die Sonne sind, meine Atemwege sind spürbar angegriffen.

Zum Glück sind noch Ferien. Ich kann das Tempo, den Zeitplan zur Erledigung aller Notwenigkeiten, wenigstens etwas selbst bestimmen. Entspannung stellt sich in mir in winzigsten Schritten ein. Abschalten kann ich nur im Garten – wo ich schon die erste herbe Enttäuschung erleben durfte – oder bei einem Spaziergang, wie ich ihn nach Wochen und Monaten endlich wieder unternehmen kann. Es war ein seltsames Gefühl, statt in Richtung Elternwohnung oder Schule, in Richtung Felder und Wald abzubiegen. Beinahe stellte sich ein Schuldgefühl ein, weil es eben noch so vieles zu tun gibt.

Kleine Freuden stellen sich dann doch ein, zum Beispiel wenn ich die Entwicklung der ersten Anzucht verfolge. Auf die Schnelle ausgesät, ohne übliches Brimbamborium, zeigen sich trotzdem die ersten Chilipflänzchen.

Für mehr Bericht und geteilte Gedanken fehlen mir Kraft und Muße.
Danke für die lieben Worte und die Anteilnahme, die ihr in den Kommentaren der vergangenen Woche/n geschrieben und ausgesprochen habt!

Macht’s gut, bleibt gesund und bis die Tage,


Verlinkt bei Andrea Karminrot und ihrem Samstagsplausch .


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Kommentare

Der Sting ging mir auch jeden Tag durch den Kopf… Den Trost, den du dir selbst spendest, indem du dir klar machst, dass deine Mutter all das nicht mehr erfahren muss, den spenden meine Geschwister und ich uns auch seit Beginn der Pandemie. Den Flashback konnte ich meinem Kriegskind bisher ersparen. Reden tun wir inzwischen darüber.
An dich und deinen Vater habe ich denken müssen. Aber bitte, kein schlechtes Gewissen, wenn du dir was Gutes tust ( Wald!)!
Du wirst gebraucht, auch von dir selbst.
Drücker!
Astrid

Ach, so wie Dein Kater mag man sich doch viel lieber gerade fühlen.
Liebe Karin, ich kann Dir vor allem nur viel Kraft wünschen, viel Liebe und gute Erinnerungen!
Ich hoffe, die Planzenenttäuschung ist nicht zu groß, denn der Garten kann einem viel helfen. Das Frühjahr fängt im Garten ja gerade erst an.
Alles Liebe
Nina

Liebe Karin,
wie gut, dass du Ferien hattest und dich somit ein bisschen hängen lassen konntest. Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft und alles, alles Gute!!
Liebe Grüße
Ingrid

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