oder …

Der lange Weg zu warmen Socken – Walblick inklusive!

Ich bin die Frau der Packlisten. Für jede Jahreszeit und alle bisherigen Urlaubsziele habe ich Listen, zudem noch in Varianten für verschiedene Anreisearten. Das minimiert den Stress bei den Reisevorbereitungen. So gern ich reise, Koffer packen ist mir ein Graus. Deshalb Packliste raus und nach Anleitung packen. Jede Liste wird nach dem Urlaub überarbeitet, damit bei der nächsten Reise Unnötiges zuhause gelassen wird und dafür Sinnvolles im Gepäck landet.

Aus mir unerfindlichen Gründen fand ich die überarbeitete Island-Packliste für diese Reise nicht, als ich mit dem Packen begann. Ohne Packlisten bin ich vor einer Urlaubsreise ungenießbar und es packte sich bei knapp 30°C schwierig für zu erwartenden 10°C abwärts. Ich kam mir schon einigermaßen komisch vor mit der Winterjacke unter dem Arm, mit Schweiß auf der Stirn, im dämpfigen Stuttgart in den Flieger zu steigen.

Schon im Flugzeug fiel mir ein, was ich so alles vergessen hatte. Das meiste war verzichtbar, jedoch zwei Dinge fehlten mir ganz besonders auf dieser Reise:

a) Föhn – nasse lange Haare an der Luft trocknen zu lassen ist, wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, keine gute Idee

b) Puschen – in vielen Quartieren ist es üblich, wie in Island generell, die Straßenschuhe auszuziehen und da können die Füße ganz schön kalt werden. In zwei Unterkünften hatte ich Steinfußböden und da genügten selbst meine handgestrickten Wollsocken nicht für eine dauerhaft anhaltende Wohlfühlfußwärme.

Nach einer Woche Reise fand ich, zumindest in der Sockenfrage muss ich für Abhilfe sorgen und machte mich auf den Weg zum nächsten, großen Laden. Es sollte ein Ausflug werden, denn bis zum nächsten großen Ort, Egilsstaðir sind es mal so gute 60 km vom Borgarfjörður aus. Wenn ich mir überlege, mit welchen Distanzen ich zuhause rechne, mir überlege ob sich eine Fahrt nach Stuttgart lohnt – das sind 25 km – und dann manchmal ewig herumeiere, bis ich mich entschieden habe, wo ich was dann tatsächlich besorge.

Aus meinem Tagebuch

Jetzt, in diesem Moment, 3°C und scharfer Wind von Nordost plus Regen, von oben bis zu den Knöcheln gut und winddicht eingepackt verfluche ich zum x-ten Mal diese verf…, blöden, nach links und rechts eingeteilten Funktionssocken! Mir ist es so was von egal, ob sie Druckstellen verhindern, atmungsaktiv sind, nach dem Waschen schnell trocknen. Sie wärmen NICHT! Abgesehen davon hängen diese Mikrofasermistdinger jeden Morgen beim Anziehen an jedem Nagelhäutchen fest und am Abend bleiben sie beim Ausziehen an meinen Fingern hängen.

Nachdem ich wieder einmal den Status ‚im-Fußbereich-ordentlich-runtergekühlt‘ erreicht hatte konnte mich weder ein prächtiger Vogel in zwei Meter Nähe noch ein schöne Blüte begeistern. Lieber setzte ich mich ins Auto, wo ich die Heizung hochdrehen und eine Sitzheizung genießen konnte. Ich hatte noch nie ein Auto mit diesem Luxus, und jetzt verzeiht mir meine Wortwahl, das ist ein geiler Scheiß! Das kann man mit den 30°C Außentemperatur, die gerade so im süddeutschen Raum herrschen, vielleicht nicht so richtig nachvollziehen. Momentan ist ja eher die Klimaanlage der Renner. Doch ich schweife schon wieder ab!

Zurück zum Ausgangspunkt:

Ich fuhr die gut 60 km um diesem Zustand Abhilfe zu leisten. Unterwegs ging es, Popo warm und Füße kalt, über dem Pass auch noch durch Schneegriesel! Auf der anderen Seite sah die Welt schon etwas freundlicher mit 5°C aus, vor allem auch durch die immer wieder Schnappatmung verursachende Aussicht! Mir war alles egal, voll fixiert auf das Ziel: Warme Füße!

Der Name dieser Marke ist echt Programm und nun mache ich ausnahmsweise mal Werbung, für den Netto in Egilsstaðir. Dort gibt es wirklich fast alles und ich hatte endlich richtig dicke, fette, warme Wollsocken. Yes!

Die große Versuchung dicht daneben mit Lettlopi, Plötulopi und Einband schaffte ich, nach wer weiß wie vielen Kurven dran längs, irgendwie ohne Griff in die Regale, ohne Einkauf zu bewältigen. Ein Kraftakt!

Was allerdings viel wichtiger war: Ich hatte mein Tagesziel erreicht – warme Füße!

Um meine momentane Gefühlswelt noch ein wenig mehr in Ordnung zu rücken gönnte ich mir in der direkt daneben liegenden Tankstelle noch einen großen Pott Kaffee. Ob in Skandinavien oder in Island, es gibt an jeder Tankstelle ordentlichen Kaffee. Ein Segen!! Tja nun, der Tag war noch nicht zuende, wärmetechnisch wiederbelebt stand ich mit meinem Kaffee vor einer Reihe Infotafeln zu sehenswerten Plätzen in der Nähe. Wobei der Begriff Nähe relativ zu sehen ist bei den Distanzen vor Ort. Eine Tafel war sehr verlockend – die vom Mjóifjörður.

Der Tag hatte noch ein paar Stunden, überhaupt wurde es in diesen Tagen nie richtig dunkel. Ideale Bedingungen für mich, die in der Dunkelheit immer ein wenig Probleme mit dem Sehen hat. Aber auf was für eine Strecke hatte ich mich da eingelassen! 18% Gefälle bzw. Steigung – zuerst hoch zu den Schneefeldern und dann in Serpentinen runter zum Fjord.

Ein Haus? Hier? Ja! Also hin!

Ein Wrack! Da musste ich auch hin und meinte in der Ferne noch ein paar Häuser zu erkennen. Also hin und stoppte keine 10 m weiter, da sich auf dem Wasser etwas bewegt hatte.

Musste eine Täuschung gewesen sein. Still ruhte der Fjord. Oder doch nicht?

Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Das konnte kein Vogel mit Bauchplatscherlandung ins Wasser sein. Aber ein Wal, soweit im Fjord? Nee, oder?

Doch!

Selbst nach Tagen, mit dem Abstand durch die Heimreise nach Deutschland, dem Temperaturunterschied, fühle ich, wenn ich mir die Fotos anschaue, wieder die Spannung unter der Haut; das Kribbeln, als sich jedes Härchen vibrierend aufrichtete, wenn die erste Fontäne ausgepustet wurde und danach der Bewegungsablauf – Buckel, Rückenflosse, Schwanzflosse. Dazu auch noch die Geräusche, die einfach dazu gehören, wahrnehmen zu können machte alles zusammen zu einem perfekten Moment.

Kalte Füße?

Völlige Nebensache! 😉

 

Mehr Bilder zum Wal des Tages gibt es auf meinem Blog hierundfort.

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Kommentare

Dieses Erlebnis in diesem Umfeld erfahren zu können, so unerwartet, war einfach überwältigend.
Die kühlen Nächte kommen wieder, bald.
Viele Grüße,
Karin

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