oder …

Keine ruhige Minute und die Frage, was im Alltag als Weltuntergang eingestuft werden kann

Exakt vor vier Jahren lag die Lieblingsmenschin im Krankenhaus, kämpfte um ihr Leben und für ein Weiterleben, während sich weltweit ein Virus begann auszubreiten, das noch verheerender wirken sollte, als das Bakterium in ihrem Körper.
Die Lieblingsmenschin kämpfte und was war ich glücklich sie nach Wochen genesen zum Lieblingsmenschen wieder heimbringen zu können, in den ersten Lockdown.

Vor zwei Jahren kämpfte die Lieblingsmenschin wieder, gegen eine andere Geißel der Menschheit. Januar und vor allem der Februar 2022 entwickelten sich zu den schlimmsten Zeiten, die ich je erlebt habe. Seither ist nichts mehr wie es war, oder wie ich es für mich geplant habe.

Ob ich es will oder nicht spulen sich gerade diese Tage wieder in meiner Erinnerung ab und daneben laufen die Geschehnisse beim verbliebenen Lieblingsmenschen ab, die meinen Alltag mehr und mehr beeinflussen.

Ich erinnere mich an einen Vater, den nichts und gar nichts erschüttern konnte. Nun reichen klitzekleine Unstimmigkeiten in seinem Alltag, die, auch wenn die Lösung in Sicht ist, ihn aus jeglichem Gleichgewicht bringen.

Ich erinnere mich an einen Vater, der sein Leben im Griff hatte und es unter gar keinen Umständen aus der Hand geben wollte und inzwischen dröppelt immer mehr seiner Post in meinen Briefkasten – „Kind, mach du das!“.

Ich erinnere mich an einen Vater, den ich als Mitfünfzigerin immer noch mitten in der Nacht anrufen konnte und der mich aus Stuttgart mit dem Auto abholte, wenn gar nichts mehr ging, weil wegen Sturmwarnung, keine S-Bahn mehr fuhr, alle Taxen ausgebucht, unterwegs waren.

Das Wer-hilft-wem hat sich gedreht und ich nun bin seine Lösung und ich versuche dabei locker zu bleiben. Meist setze ich mich dann doch ins Auto und fahre beim Lieblingsmenschen vorbei. Vorortlösungsbewältigung hat Vorteile und beim gehen kann ich auch gleich den Müll mitnehmen.

Nun ging in den vergangenen zwei Wochen in der Wohnung meines Lieblingsmenschen einiges kaputt, hintereinander, aber es ist nun einmal ein Altbau und technische Geräte können Störungen haben. Bloß blöd, dass das Kabelnetz für die Telekommunikation kurz hintereinander zwei Mal ausfiel, und sein kleines Handy auch nicht so tat, wie es sollte. Das war dann ein Zuviel! Für ihn, für mich, für andere!

Anfang der Woche kaufte ich mir eine Flasche Sekt, mit dem Vorsatz: Überlebe ich diese Woche bei mentaler Gesundheit, gebe ich mir die Flasche am Wochenende!
Das erste Glas gab es Freitagabend, nach der ersten selbstständig geschriebenen Textnachricht des Lieblingsmenschen auf seinem neuen Smartphone an meins, ohne Support! 😅 Gut gemacht, Papa!

Zeit für mich und ein paar Reste aus dem Kühlschrank verarbeitet – Manouri, Spinat, Schmand, Oliven, … und ein überfälliger Dinkelblätterteig.

Stunden später, inzwischen Samstagmittag, bin ich um ein paar graue Haare reicher und werde die angebrochene Flasche vom Vorabend heute Abend niedermachen! Ja, ich weiß, Alkohol ist keine Lösung, aber das muss jetzt einfach sein!

Das Kännchen Tee war ausgekühlt, in der Zeit, in der ich wieder (s)einem Notruf gefolgt war. Ich erspare euch die Details. Den Wasserkocher ließ ich bei meiner Rückkehr wieder laufen und atmete in der Wartezeit durch. Dabei traf ich den Beschluss diesen Blogpost unvollendet abzuschließen. Das bedeutet auf jeden Fall keinen Alltags-Weltuntergang!

Den Überschuss an Adrenalin arbeitete ich mir im Wochenverlauf im Garten ab, indem ich Bäume und Sträucher schnitt. Einzig die Stachelbeere ist noch übrig. Die ist mir einfach zu stachelig! Irgendwann muss ich da noch ran, bevor dieser Strauch sich noch mehr mit bestachelten Zweigen bewehrt.

Wenn es mir zu kalt im Garten war nahm ich mir die Zeit für Zeitungen und Magazine, womit der angewachsene Stapel deutlich schrumpfte! Wehe, ich stand auf und verließ meinen Platz! Schwupps, besetzt! Kater!
Entspannung fand ich auch beim Weben und Ausprobieren einer Fundsache im Garten. Ein weiteres Band entstand – unterstützt von Angus. Er hielt das Gestell fest! 😀

Spannend, und lecker, fand er auch das gefundene Faserbüschel. Die äußere Schicht der Brennnesselstengel hatte ich im vergangenen Jahr abgezogen und trocknen lassen. Nun zeigten sich nach den Monaten des Rottens – dem Rösten – allein durch das Rubbeln zwischen den Händen teils wunderschöne lange Fasern.

Mit dem Spinnquirl versuchte ich mich zuerst an den kurzen restlichen Fasern und es klappte mit einem Faden. Fortsetzung folgt!

Seit einigen Tagen bin ich wieder vollgepumpt mit Antihistaminika. Die Haseln blühen an geschützten Stellen und so sehr ich Haseln mag, so allergisch bin ich gegen sie. Das bekommt weder meinen entzündeten Augen noch mir selbst überhaupt nicht, aber was soll’s. Schlimmer geht immer, spätestens beim nächsten Anruf.

Ich bin müde!

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Bezahlsperren allüberall!

Lesenswert fand ich den Beitrag über eine koreanische Schülerin, die bis über ihre Abschlussprüfung hinaus von einer Reporterin begleitet wurde. Korea liegt in der Pisa-Studie weit vorne, aber, ganz ehrlich, diese Art und Weise der Bildungsvermittlung und Prüfungen möchte ich unseren Kindern nicht zumuten!
Bildung in Südkorea: Sie lernt um ihr Leben – ein Artikel in der Zeit, vom 18.01.2024

Auch in der Zeit und auch hinter der Bezahlsperre …
Wie Panzerfahrer auf dem Acker – ein Artikel vom 25.01.2024

Ein wenig Lokales:
110 Jahre Markthalle Stuttgart – ein Video von kessel.tv, vom 30.01.2024
Nice auch hier anzuklicken 😁, bei „about kessel.tv“ – vor allem für hiesige.
Nicer, für ältere hiesige, dann noch diese Reportage aus der History-Reihe aus dem Jahr 1969, neu bereitgestellt am 12.01.2024

Ohrwurm der Woche.

Neil Youngs Musik lief mir in dieser Woche über den Weg, auch in der Kombination Crosby, Stills, Nash & YoungTeach your Children, finde ich heute noch absolut hörenswert – Link

Hier kommt allerdings Old Man. Zu den Hintergründen gibt es sogar einen Wikipedia-Beitrag – Link:

Was mir das Wochenende bringen wird?

Vergangene Woche war ich auf der Kundgebung in Böblingen, diese Woche traf ich mich mit einer Freundin, mit der ich auf die heutige Kundgebung in Sindelfingen ging.

Danach wollte ich Stoffe zuschneiden und einige neue Blöcke für die nächsten Quilts ausprobieren. – Sonntag ist auch noch Wochenende!
Vielleicht bespanne ich den Bänderwebstuhl neu für ein weiteres Band, dieses Mal ein etwas breiteres.
Oder ich mache ganz was anderes – bis das Telefon wieder anschlägt.

Macht’s gut, bleibt gesund und bis die Tage,


Verlinkt mit dem Samstagsplausch von Andrea Karminrot.

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Kommentare

Oh, was für eine Woche!
Ich hoffe sehr, dass es jetzt ruhiger läuft. Super, dass es mit dem neuen Handy des Vaters klappt. Tja, bleibt nur, Dir ganz viel Kraft und Zuversicht zu wünschen. Und das diese Woche eine Ausnahme bleibt. Pass trotzdem auf Dich auf! Helfer am Limit können nicht mehr helfen und brauchen selber Hilfe.
Fühl Dich umarmt und mit ganz lieben Grüßen
Nina

Naja, so richtig klappt es mit dem neuen Handy noch nicht, doch es wird langsam besser.
Heute war ein guter Tag, doch ich weiß wie schnell das kippt und es wird immer häufiger. Ich mache mir keine Illusionen darüber, wie sich alles weiterentwickeln wird.
Gut, dass die Tage länger werden. Das baut mich auf.
Viele liebe Grüße,
Karin

Ich kann dich so gut verstehen! Sie waren damals so stark für uns. Immer da. Und nun sieht man sie immer mehr hilflos. …
Beim letzten Spaziergang dachte ich noch, jetzt geht es wieder los mit den Allergien. Die Hasel hängt schon in voller Blüte, so schön anzusehen.
Danke für die Wünsche
Andrea

Bei uns macht es gerade die Summierung der vielen kleinen Nicht-mehr-Könnens und -Verstehens aus, auf die ich reagieren sollte, müsste, einschließlich der Stimmungsschwankungen. Immer auf alles sofort eine Lösung zu haben, zu jeder Zeit, …
Die Haseln meide ich wieder, so hübsch sie aussehen. Lieber schaue ich Winterlinge, wie in dem Garten einer lieben Nachbarin.
Viele liebe Grüße,
Karin

Ach, Karin! Die Wehmut machte sich breit beim Lesen deines Beitrages. Die Sorgen um geliebte Menschen! Zum Glück kannst du dich doch manchmal ablenken mit hübschen oder interessanten kleinen Aktivitäten….
Drück dich!
Astrid

Liebe Karin,
hui, da geht es ja ab bei dir. Ich wünsche dir, dass die ersten Tage und die noch kommenden dieser Woche geruhsamer waren/sind. Dein Papa tut mir leid – und du tust mir leid. Aber ich finde es super, dass er dir schon eine Textnachricht geschrieben hat. Er lernt sicher Stück für Stück, mit dem neuen Smartphone umzugehen.
Sehr interessant, was man aus der Brennessel alles machen kann. Der grüne Faden sieht sehr hübsch aus.
Antihistaminika nehme ich auch, und ich schlafe davon wie ein Bär :-).
Hab noch eine gute Restwoche und sei ganz herzlich gegrüßt
Ingrid

Zu beobachten und zu begleiten, wie das Alter Stück für Stück einen Menschen einschränkt und was es mit ihnen macht, kann ich manche Tage nicht beschreiben. Dieses, auf den Vater eingerichtete Smartphone, ist inzwischen ein riesiger Ansporn für ihn.
Über die Brennnessel(fasern) werde ich wohl noch einmal neu schreiben, denn diese Pflanze ist so etwas von unterschätzt! Eigentlich gehört sie in jeden Garten, wenn sie dort nicht schon ist! 😀
Mal schauen, was die Woche noch bringt.
Liebe Grüße,
Karin

liebe Karin..
ich kann dir nachfühlen..
da werden Beschützer zu Beschützten ..
obwohl ich ja nicht so stark gefordert war
meine Mutter starb nach einer Woche Krankenhaus
quasi mitten aus dem Leben (mit 86 )
mein Vater braucht bis 100 nur wenig Hilfe
er arbeitete sogar noch fast jeden Tag im Garten
dann mußte er auf Grund eines Wirbelbruches ins Heim da er auf den Rollstuhl angewiesen war
dort schlief er friedlich vor seinem 103. Geburstag ein .. doch eine gute Bekannte die ich betreute brachte mich mit ihrer zunehmenden Demenz auch in solche Situationen in denen ich ins Auto sprang weil sie den Schlüssel nicht mehr fand.. oder z.B.ihr elektrisches Bettgestell nicht mehr in die richtige Position bringen konnte 😉
ich fuhr oft 3 x am Tag hin.. damit sie aß..damit sie trank.. damit sie Ansprache hatte
es braucht schon viel Kraft
es ist schön dass du sie aus deinen Hobbys und deinem Garten schöpfst
wie erstaunlich dass sich aus Brenesseln solche Fäden gewinnen lassen
vielleicht hat das Märchen von den 7 Schwänen in dem alten Wissen davon seinen Ursprung (die Hemden aus Brenesseln ) 😉
ich müsste auch unbedingt im Garten schneiden
bin noch auf der Suche nach einer Hilfe
denn auf die Leiter UND schneiden kann ich nicht mehr..ich muss mich festhalten
naja.. vielleicht klappt es noch
oder es muss weiter wachsen 🙁
ich drück dich
Rosi

Die Brennnessel ist eine wunderbare Pflanze und ich werde sie in meinem Garten auch gegen jegliche Kleingartenregeln verteidigen!
Toll, wie alt dein Vater werden durfte! Bei meinem Vater war es vor gut zwei Jahren ein Lendenwirbelbruch, der ihn von jetzt auf nachher zum Pflegefall machte. Vorher war er noch fit, ging regelmäßig schwimmen, …
Zum Glück ist er geistig relativ fit und ich hoffe, dass es so bleibt.
Mir hilft der Garten einen klaren Kopf zu bekommen.
Arbeiten auf Leitern vermeide ich, weshalb ich den alten Apfelbaum auf meinem Gartenstück entsprechend zurückgeschnitten habe. Jetzt reicht eine Teleskopstange mit entsprechendem Werkzeug.
Viele Grüße,
Karin

Liebe Karin, obwohl meine Mutter noch sehr selbständig einen Umzug in eine altersgerechte Wohnung gemanaged hat (naja, das Schleppen und so weiter haben dann schon wir gemacht) merke ich immer mehr, wie ihr Dinge, die ihr lange Zeit so nebenbei gelungen sind, ihre ganze Aufmerksamkeit und viele Nerven fordern.
Sie unterstützen, gleichzeitig ruhig bleiben und schauen, dass sie so viel wie möglich selbst erledigen kann ist manchmal ganz schön herausfordernd.
Die Sache mit dem Smartphone war auch für sie ein Ansporn und sie ist stolz darauf, dass sie sich mit 75 noch in diese neue Technik reingefuchst hat, es hat uns aber auch über die ganze Pandemiezeit sehr geholfen.
Ach, eigentlich wollte ich gar nicht so viel von mir erzählen – ich weiss gar nicht, ob Dir damit geholfen ist. Jedenfalls meine Bewunderung, wie Du Deine vielen Interessen und auch Deine Pflichten so miteinander verweben kannst.
Liebe Grüsse – momentan aus dem Ländle – Stefanie.

Weben, oder verweben ist fast ein Stichwort. Weben kann gut erden und ablenken, wenn nichts mehr voranzugehen scheint.
Gemeinsame Erfahrungen zu teilen finde ich immer hilfreich, gibt es doch das Gefühl nicht alleine auf weiter Flur zu stehen.
Du fasst es in die passenden Worte, welche Herausforderung es mit sich bringt, seine älter werdenden Lieben zu begleiten. Mir ist es wichtig meinem Vater so lange wie möglich seine Selbstständigkeit zu bewahren. Leider bin ich damit so gut wie auf mich alleine gestellt und auf Hilfe von außen angewiesen.
Viele liebe Grüße,
Karin

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