oder …

Lasst ein Licht aufgehen …

Was, schon beinahe dritter Advent? Kaum zu glauben, wie auch der, wie weißer Puderzucker wirkende, Schnee auf der Wiese vor dem Fenster. Das sieht nach einem weiteren Schmuddelwetterwochenende aus. Gut, dass nun die dritte Kerze angezündet werden kann. Vielleicht erhellt sie mehr als die Umgebung. Nicht nur mir fehlt hier und da noch mindestens eine Eingebung, ein zündender Funke der nicht zerstörerischen Art, Hoffnung, eine Lösung, … Was in den Nachrichten zu verfolgen war machte traurig.

Mein Rückblick

Freitag vor einer Woche hatte ich Stunden in einer Bankangelegenheit verbracht, die aber nur zu einer Teillösung für funktionierendes Online-Banking geführt hatte. Montag musste ich da noch einmal dran. Die Service-Hotline war natürlich wieder durch „unglaublich viele“ Anrufer überlastet, dass ich nach dem dritten vergeblichen Warten wieder aus der Leitung flog – „versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal“. Also machte ich mich doch wieder auf, um vor Ort in der Bank endlich etwas Zielführendes zu erreichen. Man stand Schlange, morgens halb Zehn in Deutschland. Es dauerte und ich hatte vorsorglich den Parkscheinautomaten bis aufs Limit gefüttert. Zwischendurch meldete sich eine Freundin für einen Nachmittagsplausch an und mit dem Vater hatte ich zum späteren Nachmittag eine wichtige Unternehmung vor. Kurz vor Mittag wieder zuhause hatte den Lieblingsmenschen die Haushaltshelferin versetzt und er kurz entschlossen unseren gemeinsamen Termin verlegt. Es war gut gemeint. Nachdem die Therapeutin der Freundin es dann auch noch gut gemeint hatte, deren Therapiesitzung verlängerte, wurde aus dem Plausch eine schnelle Übergabe eines Pakets auf dem Garagenvorplatz, plus schnellem Drücker.
Etwas länger drückte ich meinen Vater, nachdem er sich an diesem Tag von seinem Auto verabschiedet hatte. Es war seine eigene Entscheidung. Niemand musste ihn überreden oder überzeugen. Er sah die andauernden Startprobleme seines Fahrzeugs – ein nicht zu findender Defekt erzeugte einen Kriechstrom, der die neue Batterie entleerte – als Zeichen. Da er sich nicht auf sein Auto verlassen konnte, es die vergangenen Wochen mehr in der Werkstatt als zuhause stand, hatte er für seine Frühtermine bei Ärzten Taxen gerufen. Das klappte a) prima und b) er konnte sich direkt vor dem Haus in ein warmes Auto setzen.
Für mich wird es dadurch nicht einfacher. Trotzdem war ich richtig stolz auf den Lieblingsmenschen, wie er mit Mitte 85, nach einem langen Berufsleben im Außendienst, mit klarem Kopf entscheidet, dass Auto fahren für ihn nun Geschichte ist.

Im Anschluss begannen wir gemeinsam die Garage zu leeren und mein Auto zu füllen. Wenn ich nur wüsste wohin mit all den Dingen und wann ich das noch erledigt bekomme.

Nur gut, dass ich am vergangenen Wochenende den Samstag zum Nichtstun und Selbstpflege genutzt hatte. Das half nicht nur der sich anbahnenden Rüsselpest die Zähne zu zeigen. Diese Auszeit brachte zudem Zeit zum Nachdenken, wo ich mir diesen Infekt eingesammelt haben könnte, konnte Ursachenforschung betreiben. Irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, die weiter juckten und tränten und die Nase triefen ließ – Allergie! Probeweise ein Antihistaminikum eingenommen war ich abends, seit Tagen wieder, fit. Also machte ich mich auf die Suche nach dem Auslöser und wurde fündig. An dem Ast der Korkenzieherhasel hatte ich einige Samen-„Würstchen“ übersehen, bevor er bei mir einzog, und diese reiften in meinem hübsch warmen Wohnzimmer vor sich hin. Fühlten sie sich doch wie im Frühling! Für Nicht-Allergiker sind diese Würstchen in den Wintermonaten übrigens leckere kleine Protein-Snacks zum Knabbern auf einem Spaziergang.
Würstchen- und allergenfrei hängen an diesem Ast nun die ersten beiden Karten aus der Weihnachtspost. Den Anfang machte Martina – you were the first! – und dann kam schon Astrid. Vielen Dank euch beiden!

Meine Weihnachtswerkstatt zu aktivieren, damit Karten, Päckchen und deren Inhalt entstehen können, zog sich zäh in diesem Jahr.
Am 2. Adventssonntag trat ich mir in den Hintern und versuchte erst einmal den, über die vergangenen Tage etwas in Unordnung geratenen, Schreibtisch zu organisieren. Das glückte zum Teil, denn ich suchte, neben dem einen oder anderen Dokument, immer noch meine Muse, bzw. eine Idee für meine Weihnachtspost.

Zum Wochenbeginn gab es erst einmal, noch vor dem eingangs erwähnten neuen Bankengang, eine Umgestaltung der Weihnachtsdekoration. Der Adventskranz musste vom Wohnzimmertisch, zumindest woanders hin. Die Kater waren fasziniert von den langen Kiefernnadeln, dachten bei dem Anblick an Katzengras und kauten sich durch den Kranz durch, mit unangenehmen Folgen. Nicht gut für die Tiere und meinen Nachtschlaf! Inzwischen hängt dieser Kranz auf dem Balkon und macht sich dort eigentlich ganz hübsch.

Aus Frust faltete ich Origamisterne, ohne einer Vorstellung, wozu sie später verwendet werden könnten. Das Buch Origamisterne? Gerne! von Ina Mielkau, fand ich als einen lohnenden Kauf. Die wenigen Anleitungen für Faltsterne sind völlig ausreichend, einfach nachzuarbeiten, die Schritte gut erklärt – gerade richtig für einen trüben, kalten Sonntag in der Vorweihnachtszeit, bei einer Reihe zweitklassiger Weihnachtsfilmchen. Ich kaufte das Buch vor allem wegen den vielen beigefügten Faltblättern auf Kraftpapier, die mir, bei dem riesigen Angebot ähnlicher Bücher, am besten gefielen. Meine Meinung, mein Geldbeutel!
Nach dem zehnten Stern lag mir mindestens einer zu viel auf dem Tisch. Trotzdem faltete ich weiter. Wenn mich die Muse ansonsten nicht küssen will, dann werden eben einfach so Sterne gefaltet und es wird halt nichts mit Weihnachtspost. Auch gut!
Inzwischen hängen die Faltsterne, zusammen mit allen Nachfolgern, an der Wohnzimmerdecke. Sternengirlanden sind eh mein Ding.

Auf dem Weg ins Bett gefiel mir der Beschluss, auf Weihnachtspost zu verzichten, gar nicht mehr. Mindestens seit Anfang der 1990er gibt es von mir selbst gestaltete Post zu Weihnachten oder auch einmal, wenn ich spät dran war, zwischen den Jahren. Da wird sich im Fundus doch Inspiration oder Neu-Interpretation finden lassen!
0:15 Uhr, noch bevor ich die Kartenkiste und den Ordner in der Hand hatte, suchte ich nach Material. Es hatte „pling“ im Kopf gemacht. Ein Licht ist mir aufgegangen. Wer sagt‘s denn, es geht doch!

Im Papierfundus fanden sich vor allem gelb gefärbte Papiere. Da musste ich endlich wieder einmal in der Farbenküche aktiv zu werden. Die allerletzten Trauben aus dem Garten waren teilweise verschrumpelt und auch sonst wenig verlockend konsumiert zu werden. Die sichtlich verschimmelten und angegammelten Teile entsorgte ich. Der Rest sollte Tinte werden, zerdrückt, aufgekocht, durch Siebe und Filterpapier filtriert.

Leider war die Ausbeute an roter Tinte zu gering für das was ich vor hatte. Brombeeren hatte ich noch tiefgefroren. Als ich diese aufgetaut und zerdrückt hatte, gingen sie einen anderen Weg. Aus dem Rest entstand zumindest eine Farbprobe. Am Ende setzte ich rote Zwiebelschalen an, denn die fehlten auch noch in meinem Farbenbuch. Davon hatte ich genug gesammelt und ich hoffte, neben einer ausreichenden Menge, auf einen geeigneten Farbton auf dem von mir gewählten Papier.

Es ist immer wieder eine Überraschung wie Pflanzenfarben auf unterschiedlichen Papieren reagieren.

Nebenher brodelte noch das eine oder andere Essbare auf dem Herd oder garte im Backofen.
Von den am Familienbacktag hergestellten Kekse ist inzwischen nicht mehr viel übrig. Seltsam. Die vergangenen Jahre hatte ich oft im Januar noch Reste. Nicht nur aus diesem „Notstand“ heraus holte ich ein Rezept heraus, das ich schon vergangenes Jahr probieren wollte: Elisen-Lebkuchen, die weltbesten. Vor drei Jahren hatte ich eine Kostprobe in einem Wichtelpaket, inklusive Rezept. So lecker! Meine nun, noch leckerer, weil ich den Schokoladenüberzug vom Boden wegließ. Was ich in meinen Vorbereitungen übersah, der Teig musste über Nacht ruhen.

Aus der Seltsam-Küche holte ich kandierte Rosenkohlröschen aus ihrer letzten Zuckerlösung mit Gewürzen, meine Idee, entstanden über einen Halloween-Chat für krasse Goodies. Rohen Rosenkohl zu schokolieren fand ich der Mühe nicht wert, weshalb ich auf meine Erfahrungen zum Kandieren von Ebereschenbeeren zurückgriff. Diese Minikohlköpfchen sind von meinen eigenen Pflanzen im Garten und tatsächlich nach dem Kandieren weit entfernt von ungenießbar! Sonderbar, aber wert weiter damit zu probieren.

Daneben reifte endlich wieder ein Sauerteig. Dieses Mal sollte es ein reines Roggenbrot werden. Brot zu backen ist einfach toll! Für gutes Brot braucht es Zeit. Erst muss der Sauerteig reifen. Dann müssen die Zutaten, zu einem Teig geknetet, zum ersten Mal gehen, nach dem Kneten und Formen ein zweites Mal. Da können schon einmal ein paar Tage vergehen, bis das Brot angeschnitten werden kann. Dieses Mal beherrschte ich mich sogar das frische Brot, kaum abgekühlt, anzuschneiden. Damit dauerte es vier Tage vom Aufwecken und Ansatz des Sauerteigs bis zum ersten Bissen. Es hatte sich gelohnt!

Inzwischen wird es Woche für Woche weihnachtlicher in meinem Zuhause. Das hatte ich weder geplant noch erwartet. Doch es tut mir gut.

Wenn jetzt nichts mehr dazwischen kommt gibt es eine Weihnachtskartenedition 2022.

Gelesen. Gesehen. Angehört.

Steinzeitküche: Wie raffiniert die Steinzeitmenschen kochten – ein Artikel in der NZZ, vom 23.11.2022

Keine „Immunschuld“ als Folge der Pandemie-Schutzmaßnahmen – ein Beitrag im NDR, vom 24.11.2022

Von wegen still und friedlich: Mit welchen fiesen Tricks Bäume sich gegenseitig ausstechen – ein Artikel in rnd (Redaktionsnetwerk Deutschland), vom 14.11.2022

Master oder Meister – Probieren geht über studieren: Warum das manchen Eltern gar nicht gefällt – ein Artikel in rnd, vom 27.11.2022

Jahresrückblick: Danach hat Deutschland 2022 gesucht – ein Bericht im Handelsblatt, vom 09.12.2022

Ohrwurm der Woche.

Hatte ich zwar schon in Woche 11 dieses Jahres, doch was soll’s.

Macht’s gut und bis die Tage!


Verlinkt mit dem Samstagsplausch von Andrea Karminrot.

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Kommentare

Schubi-Schubi-Duuu und eins löst das andere ab. Zur Abwechslung zickt nun wieder was anderes. Aber ich genieße es, die Zuhausezeit, das vorweihnachtliche Werkeln.
Einen schönen dritten Advent wünscht dir, mit vielen Grüßen,
Karin

Oh ja, Bäume wie die Buche unterstützen vielleicht andere Buchen, aber sehen zu, dass andere Bäume sich nicht durchsetzen.
Deine Woche war ja wirklich wieder „wuselig“. Hut ab, dass Dein Vater sich vom Auto verabschiedet hat. Vielleicht hat er es genau wg der beruflichen Vergangenheit den Schlussstrich gezogen. Ich war auch Mal sehr viele km im Außendienst und danach fährt man einfach anders.
Deine Farbversuche sehen wieder super aus! Und die Sterne…! Ich mag Origami, aber kann es überhaupt nicht.
Hoffe, Du kannst wieder am Wochenende ausruhen und kreativ sein. Und Kekse nachbacken und… Ha,. Hab ich ausruhen geschrieben 😉
Liebe Grüße und natürlich einen schönen 3. Advent!
Nina

Ich wünche mir, dass JahrgangsgenossInnen in unserem Umfeld meinem Vater nachziehen. Er war im Vergleich noch am besten unterwegs.
Dass du kein Origami kannst, mit deinem Fingergeschick beim Stempelschnitzen, verblüfft mich! Sicher, ab einem gewissen Level wird es mir auch zu tricky, aber ich bin mir sicher, du würdest das hinbekommen, was ich die Tage zusammengefaltet habe.
Zeit zum Ausruhen habe ich, der Luxus des Ruhestands. Vorerst wünsche ich mir ruhiges Fahrwasser in Alltagsangelegenheiten, vor allem in denen vom Vater.
Dir einen schönen 3. Advent, mit vielen lieben Grüßen,
Karin

Schön, jetzt auch noch durch Fotos unterstützt, dein reges Tun verfolgen zu können! Den Beschluss deines Vaters finde ich vorbildlich.( Meiner hat sich immer durch meine Mutter überreden lassen. Aber es war ja auch kein Kind in der Nähe zum Versorgen. Ich hab mein Auto schon vor vier Jahren aufgegeben.)
Jetzt bin ich gespannt, was du mit den Tinten vorhast und was daraus wird.
Frohes Schaffen weiterhin!
Gute Nacht!
Astrid

Die Mutter war bis zu ihrem Tod die stille Steuerzentrale, nun fragt er mich, übergibt mir Stück für Stück die Entscheidungen. Das macht mir auch Sorgen.
Heute ist, soweit wie möglich, Ruhetag und vielleicht gehe ich zu den Schafen zum Schafpatentreffen.
Einen schönen Adventssonntag wünsche ich dir,
mit lieben Grüßen, Karin

Da könnte man fast Neidisch werden, wenn ich sehe wie du kreativ bist. Mit Origami komme ich meistens an meine Grenzen des könnens. Schön, dass es bei dir immer Weihnachtlicher aussieht, das hätte ich auch gerne bei uns!
L G Pia

Diese Sterne sind einfach, bis auf einen Schritt, die allerletzte Faltung. Oft genug gefaltet und trotzdem verbiege ich mir manchmal dabei die Finger.
Viel mehr Dekoration werde ich wohl nicht mehr in die Wohnung holen. Irgendwann reicht es. 😉
Liebe Grüße,
Karin

Eine gefüllte Woche liegt hinter dir. Du warst ja sehr umtriebig. Dass dein Vater sein Auto abgegeben hat, ist eine Erleichterung. Ich kenne viele alte Leute (inkl. mein Vater), die schliesslich durch die Umstände dazu gezwungen waren. Es ist nicht einfach zu sehen, wie die Eltern mehr und mehr abgeben. Noch vor gar nicht langer Zeit waren sie selbstbestimmt und haben die Familie am Laufen gehalten. Aber alles hat seine Zeit …

Eine schöne Woche wünsche ich dir.

Regula

Du sagst es. Zu beobachten, wie der Bewegungsradius der Eltern kleiner wird, wie Alltag schwerer zu bewältigen ist, der Fels in der Brandung sich zum Kiesel abgeschliffen hat fällt schwer, aber gehört zum Leben.
Viele Grüße,
Karin

danke für diesen spannenden blogpost! das video von kaleo hab ich aufgesogen, beide bücher bestellt (eins für herrn mano, eins für mich), die farbexperimente genossen, deinen vater bewundert (das steht uns auch bevor…) und jetzt lust bekommen zu backen. nur rosenkohl ess ich lieber zu kartoffeln ;)!
liebe grüße
mano

Ich bin wirklich stolz, wie mein Vater seine veränderte Lebenssituation meistert. So schnell, wie er sich von seinem Auto verabschiedet hat, war völlig unerwartet. Ich hatte mich auf einen längeren Prozess vorbereitet.
Kaleo entdeckte ich für mich bei meinem zweiten Islandbesuch und ich höre, sehe ihre Videos einfach gerne.
Viel Spaß beim falten! 😊
Liebe Grüße aus dem Wartezimmer beim Zahnarzt,
Karin

Liebe Karin,
da staune ich mal wieder, was du so alles werkelst!! Du machst dir sogar die Tinte selber – unglaublich. Aber sieht sehr schön aus!
Super, dass dein Vater diesen großen Schritt gewagt hat, sein Auto abzugeben!
Hab noch eine wunderschöne Adventszeit und sei ganz herzlich gegrüßt
Ingrid

Liebe Ingrid,
laut Definition ist Tinte (stark) gefärbtes Wasser oder färbendes Wasser und garantiert hast du damit auch schon Erfahrungen gesammelt, z. B. wenn du Obst und Gemüse einkochst. Wer weiß wie oft ließ ich dabei Gemüse und Obst links liegen und holte mir Pinsel und Papier, weil die Farbe so schön ist. 😀
Für den Vater war das Abgeben des Autos ein großer Schritt, den er allerdings selbst getroffen hat und mit klarem Kopf gegangen ist. Zum Schluss hat er das Auto mehr als Ballast gesehen, als dass es ihm das Gefühl von Freiheit und Selbstständigkeit gegeben hat.
Viele liebe Grüße,
Karin

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