oder …
2020 #46 – die Woche abgehakt
Die zweite Woche des kleinen Lockdowns und meine verspätete erste Schulwoche nach den Herbstferien in BW.
Vor dem Montag noch alle Schul-Emails durchgeschaut, mich durch die neuen Hygiene-Vorschriften und Anweisungen gelesen, und dann machte ich mich auf den Weg:
- Schultasche gerichtet und geschultert – yes
- Krücke bereit gestellt und in die Hand genommen- yes
- Mund-Nasenschutz gerichtet und, sobald ich das Schulgelände erreichte, hoch geschoben – yes
- an einen Arm passte noch der Korb mit dem Geburtstagskuchen – yes, geht doch!
Mit Ironie – herausgelesen aus den Richtlinien im Vergleich zur Realität – startete ich in die Schulwoche. Privat halte ich Abstand, meide soziale Kontakte, gehe nur noch ein Mal die Woche einkaufen. Keine Treffen mit Freunden und Bekannten in geschlossenen Räumen. Bin ich in der Schule stecke ich in einem Zwiespalt. Innerhalb einer Klasse besteht kein Abstandsgebot zwischen den SchülerInnen und auch nicht zu den sie unterrichtenden LehrerInnen, da ja allgemeine Maskenpflicht gilt. Das mag bei KlassenlehrerInnen in Ordnung sein, als Fachlehrerin wandere ich jedoch durch viele Klassen. Bis Montagmittag hatte ich geschätzt hundert Kontakte, teilweise wirklich eng, da ich mit den SchülerInnen gemeinsam an Rechnern im Computerraum saß. Das waren für mich viele Tastaturen, viele Mäuse, auf denen auch meine Hände lagen. Dazu die zugigen Klassenzimmer neben Räumen, die schlecht zu lüften sind. Spürbare Anspannung im Kollegium und dazwischen die SchülerInnen mit ihren Alltagssorgen gewohnter und frisch dazu gekommener Art. Die neuen digitalen Plattformen sind praktisch für den Unterricht von zuhause aus, bieten den Kinder aber leider auch eine neue Möglichkeit sich untereinander zu ärgern.
Später am Tag noch eine Stunde beim Zahnarzt. Der komplettierte einen Tag der Sorte, Tage wie dieser braucht kein Mensch. Ich war erledigt, physisch und psychisch.
Ab Dienstag schaltete ich mit dem Hochziehen vom Mund-Nasenschutz mein inneres Alarmsystem aus, und erst wieder ein, wenn ich zurück zuhause war.
Was wünschte ich mir Datas deaktivierbaren Emotionschip (Filmszene aus Star Trek: First Contact)!
Die weitere Woche zu dokumentieren lohnte sich nicht, den Donnerstag vielleicht ausgeschlossen. An diesem Tag nutzte ich die Bereitschaft und den Wunsch meiner schwierigen Jungs in den neuen Schulgarten zu gehen. Leider hatten sie einen ihrer Schreitage, was meinem Gemüt wie Gehör nicht gut tat. Was den Wartenden an der nahe gelegenen Haltestelle durch den Kopf gegangen sein wird mag ich nicht wissen. Wieder wünschte ich mir einen Schalter zum Ausschalten, wäre über einen Lautstärkeregler wahrscheinlich auch zufrieden gewesen.
Zumindest sind die ersten Stücke Weg fertig.
Ich suchte Entspannung in meinem Strickwerk, die ich anfangs auch darin fand. Bedauerlicherweise verlor sich diese ganz schnell, nachdem ich beim Abgleich mit der Strickanleitung einen Fehler fand.
Rückwärts stricken, viele Reihen, ganz viele Reihen. Wie ärgerlich!
Glücklicherweise ging diese Woche irgendwann zuende.
Den inneren Schalter wieder umgedreht, Zeit für den Haushalt und mich.
Kleine freudige Entdeckungen machte ich beim Blumen gießen. Die Geburtstagsorchidee vom Vorjahr hat wieder einen Trieb und der von den Katern zernagte Papyrus erholt sich in seinem Versteck.
Im Licht der Sonne zeigte sich allerdings, dass die Fensterscheiben eine Behandlung nötig hätten, aber das muss warten.
Lieber nutzte ich die sonnigen, recht warmen Nachmittagsstunden um auf dem Balkon klar Schiff zu machen.
Der Isländer, der Rosenwurz, ist endgültig in die Winterruhe gegangen. Zu sehen sind nur noch kleine Knubbel und verdorrtes Blattwerk auf dem Moos rechts und links vom Stein.
Noch bin ich im Zweifel, ob ich die Blumenkästen, wie sonst, mit Reisig abdecken werde, bevor ich die Lichterkette darüber ausbreite. Inzwischen sortierte und räumte ich meinen Balkonarbeitsplatz auf.
Spaziergänge machte ich in der Woche keine, die verbot mir mein Fuß. Ihm und mir reichte das Gehumpel unter der Woche. Aber am Wochenende drehte ich wieder eine kleine gemütliche Runde, sogar ohne Unterstützung. Das baute auf.
Zum Abschluss gab es ein gestreamtes Live-Konzert. In Reykjavík fanden am 13. und 14. November 2020 die Iceland Airwaves statt, Online-Konzerte mit namhaften isländischen Musikern und Bands. Zuerst mit Àsgeir, dann mit Ólafur Arnalds, machte ich es mir zu später Stunde gemütlich.
Gelesen. Gehört. Gesehen.
Corona-Schließungen: Ministerin lehnt „Extrawürste“ für Kulturszene ab – Artikel vom WDR, vom 06.11.2020
Wer jetzt auf Sachsen zeigt, macht es sich zu einfach – ein Kommentar zur Corona-Demo in Leipzig, Zeit Online vom 09.11.2020
Gar nicht so knapp – ein Artikel auf Zeit Online, vom 08.11.2020
Ohne Trump würde es einsam für Johnson – ein Artikel auf Zeit Online vom 06.11.2020
USA – Präsidentschaftswahl – Warten auf das Endergebnis – Nachrichtenticker auf SWR3, regelmäßig aktualisiert
„Weibliche Barack Obama“: Kamala Harris, die erste Vizepräsidentin der USA, gilt als charismatisch und klug – und hat einen erstaunlichen Kurswechsel vollzogen – ein Artikel aus Neue Zürcher Zeitung (online) vom 08.11.2020
Corona-Krise : Schweden ist auf dem Weg in eine dunkle Zeit – Artikel aus der FAZ, Stand vom 12.11.2020
Reaktionen auf Biontech-Chefs: Stolz und Irritation – ein Artikel in der TAZ vom 11.11.2020
Finding some kind of peace – Film zur Entstehung des Albums „Some Kind of Peace“
Schönes Wochenende!
Macht’s gut und bis die Tage,
…, die Montag wieder den Schalter umlegt um die interne Warnanlage auszuschalten.
Verlinkt mit dem Samstagsplausch bei Andrea Karminrot.
Kommentare
Oh, Datas Emotionschip, ich liebe es! Nur schlimm, dass Du so einen Chip benötigst, benötigen musst, auf Grund der Situation.
Ich hoffe, das Strickwerk wird nun wunderbar, Fenster kann man später putzen, der Balkon sieht schon gut aus (ich mag diese Steine sehr, gibt es hier auch einige) und noch ist es ja mild. Tapfer bist Du.
Liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag
Nina
Dieser Chip wäre gerade eine tolle Sache, aber keine Dauerlösung. Was ist das Leben ohne Emotionen?
Trotzdem lachte ich innerlich, als mir nach dem Maskenhochziehen, Luftholen und „Schalter umlegen“ spontan ein „Done“ über die Lippen ging. 😀
Liebe Grüße,
Karin
Sehr schön. So hat man wenigstens ein Schmunzeln im Gesicht!
Gelegentlich wünsche ich mir einen Schalter zum Vorspulen. Aber wer weiß, wie weit man vorspulen müsste, bis wieder bessere Zeiten kämen…
Um deinen Job als Lehrerin beneide ich dich gerade wirklich nicht. Das hört sich echt hart an.
Bleib gesund
Liebe Grüße
Andrea
Ja, die Lehrkräfte haben schwere Zeiten. Du hast schwere Zeiten.
Aber du schaffst das alles und ich hoffe, du bleibst gesund bei so vielen Kontakten!
Schön, dass du dich an einem Orchideentrieb erfreuen kannst! Das mache ich gerade auch – gleich drei dieser pflegeleichten Pflanzen haben einen Blütentrieb. Und ich denke, du hast dein Strickzeug wieder zum Vorwärtsstricken und zum Entspannen.
Alles Gute!
Liebe Grüße
Ingrid