und …

Noch 14 Tage bis zum letzten Prüfungstag!

Diese Woche brachte der Schulbetrieb ein Komplettprogramm: Unterricht mit Vorbereitung und Korrekturen, Elterngespräche, Elternabend, Klassenkonferenzen und Schülergespräche. Vor allem letzteres beutelte mich sehr.

Schüler A, aus Afghanistan, hat seinen Abschiebungsbescheid bekommen. In der ersten großen Pause der Woche legte er mir das Papier auf’s Pult und fragte: „Darf ich ins Bürgeramt gehen? Ich muss da noch was erledigen.“ Ein Blick auf das Papier reichte um den Inhalt zu erfassen, nur musste ich mich schwer zusammenreißen um nicht in Tränen auszubrechen. Beinahe entstand die Situation, dass mich mein Schüler hat trösten müssen. Morgens hatte ich noch im Radio einen Kommentar von amnesty international gehört, die Abschiebungen nach Afghanistan als illegal bezeichnen, da dieses Land alles andere als sicher ist.  Ich mag mich nicht damit abfinden, dass einer meiner motiviertesten Schüler demnächst in ein Land reisen muss, aus dem er zwar kommt aber wo er kein Zuhause mehr hat.

Schüler B, geboren in Saudi-Arabien, hat jahrelang mit der Familie in Syrien gelebt. Bei Kriegsausbruch ist die Familie getrennt worden. Ein Teil der Familie kam nach Deutschland, ein anderer Teil flüchtete zurück nach Saudi-Arabien. Obwohl er sich in Deutschland gut eingelebt hat, sich mit der Familie des Onkels gut versteht, mit seinen Cousins vertraut ist wie mit Geschwistern möchte er doch zu den Eltern. Diese leben wieder in Saudi-Arabien und jetzt wird seit Monaten gerungen welche Staatsangehörigkeit Schüler B nun hat. Nach Aufenthaltsstatus darf er nur in sein Herkunftsland vor seiner Flucht ausreisen – also Syrien. Was soll er aber alleine in diesem Land? So wartet er, und wartet, und wartet, darauf, zu seinen Eltern in Saudi-Arabien ausreisen zu dürfen. Inzwischen findet er sich mehr und mehr mit der Situation ab, denn er hat Sorge zu viel von seinen Arabisch-Kenntnissen verloren zu haben um in Saudi-Arabien einen guten Schulabschluss machen zu können.

Zur Entspannung weite ich meinen Heimweg, ein Fußweg der eigentlich nur fünf Minuten dauert, aus. Ich laufe Schleifen, gehe über die Wiesen, in den Schulgarten. Unterwegs sammle ich immer ein paar Gegenstände mit denen ich meinen Herbstteller auf dem Esstisch peu à peu auffülle. Leider geht er immer wieder zwischen Büchern und Blättern und anderem Material unter.

Zuhause sieht es nicht nur in der Küche immer chaotischer aus. Ich komme immer wieder auf neue Ideen für die Abschlusspräsentation und für die mündliche Prüfung. Hier trocknen gerade Farbproben aus roter Zwiebelschale auf Baumwollstöffchen und Wolle zwischen den Küchengeräten. Auf der Herdplatte liegt ein anderes Farbergebnis und die Vorbereitung für die nächste Farbprobe. Daneben stehen Fläschchen und Gläser mit Samen, Auszügen in Öl oder Alkohol, und mehr.

Zum Kochen bin ich die Tage nicht viel gekommen, es wurde gegessen was gerade schnell verfügbar war, und so war heute Morgen der Blick auf die Anzeige der Personenwaage unerfreulich. Kein Wunder, dass meine Füße wieder so schmerzen. Bei der Gewichtszulage würde ich auch meutern. Kein Sport seit Anfang August rächt sich jetzt deutlich.

Dafür bekommt die Nase Luft! Zudem sind zehn Wochen ohne Rüsselpest einfach super. Da rutschen die Mehrkilos auf den Hüften und am Bauch erst einmal in die Ablage -> später zu erledigen.

Nicht zu erledigen waren dann jedoch ein paar Räumarbeiten. Sohnemann hat sich bei einem Telefonat ganz nebenbei für einen Besuch angemeldet: „Ach, übrigens, … ich komme dann mal wieder vorbei!“. Die anschließende Schrecksekunde (Wie bekomme ich das Zimmer auf die Schnelle besucherfertig?  bzw. Wo räume ich all‘ das Zeug für die Prüfung hin?) zeigte mir, dass dieser Besuch jedoch das Beste ist was mir in diesen Tagen passieren konnte.

Zum einen habe ich Sohnemann wieder um mich, was immer gut tut!

Zum anderen wurde mir beim Abräumen seines Schreibtischs, auf dem ich alle Präsentationsteile lagerte, klar, es reicht an Objekten, Beispielen, Mustern, …

Was mir beim Fotografieren in der Wohnung auch klar wurde, ist das mangelhafte Licht. In Zukunft muss der Baustrahler wieder aufgestellt werden. Für heute kam noch einmal kurz die Sonne heraus und das letzte Foto sollte auf dem Pflanzen-/Katzentisch gemacht werden.

Kater Angus war über so viel Platzübernahme wenig begeistert. Alle Lockversuche ihn vom Tisch zu holen waren vergebens. Sein Tisch! Zur Not wird mit Tatze und Kralle sein Territorium verteidigt.

Am Ende klappte es zumindest mit einem Bild von meiner wachsenden Farbsammlung. Pflanzenfarben zum Malen wie Schreib- und Zeichentinte werden Thema meines Präsentationstisches sein.

Ich habe für mich meine persönliche Nische in der Kräuterpädagogik gefunden: Farben aus der Natur. Meine bisherige Kenntnis hat durch die Ausbildung eine gute Portion Fundament bekommen. Zu wissen wo ich welche Pflanze finden kann, sie zu erkennen, über Inhaltsstoffe in den Pflanzen Bescheid zu wissen, eine bessere Kenntnis über Giftpflanzen zu haben gibt Sicherheit. Gleichzeitig bin ich vorsichtiger geworden bei Tipps aus Magazinen, Büchern und dem Internet.

Doch für heute genug.

Eine gute Woche wünsche ich allen LeserInnen.

 

Bis die Tage,

Karin

 

Beinahe vergessen,

ab heute, dem 9. Oktober, leuchtet wieder bis zum 8. Dezember das Laserlicht vom imagine peace tower in Reykjavik.

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Kommentare

Aha, Aufräumen tut gut. Sollte ich dann doch auch versuchen im Nähzimmer. Vielleicht kommt die Nählust zurück…
Gefreut habe ich mich für dich über die Schnupfenfreiheit und den Besuch des Sohnes.
Weiterhin alles Gute!
Astrid

Danke, Astrid. Mache langsam und warte es ab. Die Lust am Nähen kommt wieder wenn sie gefragt ist. Ich freue mich wie Du immer besser zu Fuß unterwegs bist.
Viele Grüße,
Karin

Ohh, das ist schon heftig was du als Lehrerin erlebst, ich glaube ich wäre am Ende solch einen Tages heulend nach Hause gegangen. Ich hätte wohl diese Gedanken nicht einfach ablegen können. Aber was hilft das? Besser ist es trübe Gedanken zu vertreiben und durch gute zu ersetzten und wie ich sehe gibt es da einiges was dich ablenkt. Ich finde es unglaublich spannend wie du Farben aus den Pflanzen gewinnst, ich werde wohl ein paar Beiträge zurückgehen müssen um zu lesen wie du das eigendlich machst. Das hab ich wohl verpasst! Und dann die Tatsache mit dem Lernen. Weiterhin viel kraft! Herzlichst Vivo

Was Pflanzen uns bieten können ist so faszinierend vielfältig und ich habe bisher nur über einen Bruchteil, den ich ausprobiert habe, berichtet. Da kommt noch was.
Viele Grüße,
Karin

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